Urheberrechtsdebatte: Planlos im Paul-Löbe-Haus

Eigentlich wollte der Bundestag über zwei Seiten einer Medaille debattieren. Doch während beim einen alle etwas anderes wollen, sind sie beim anderen einig sprachlos.

Zwar nicht der gordische, aber auch ein kniffliger Knoten. Bild: reuters

Zwei Stunden hatten sie sich genommen, um im Paul-Löbe-Haus am Spreeufer an einem gordischen Knoten herumzuknabbern.

Der Kulturausschuss-Unterausschuss „Neue Medien“ hatte Experten von Rechteverwertern, Internetwirtschaft, CCC, Kreative und Juristen eingeladen, um in einer Anhörung zum einen die Zukunft der Rechtsdurchsetzung und zum anderen neue Geschäftsmodelle in der Kreativwirtschaft zu erörtern. Dass dies zeitlich etwas knapp bemessen war, wussten die Politiker schon vorher.

Nachdem sich die Urheberrechtsdiskussion in den vergangenen Monaten emotional aufschaukelte, ging es doch erstaunlich zivilisiert zu. Nur zwischen den Zeilen stichelten geladene Experten wie Abgeordnete. Der Kölner Medienrechtler Rolf Schwartmann, der für das Bundeswirtschaftsministerium eine Studie zur Machbarkeit von Warnhinweisen gegen Urheberrechtsverstöße im Web erstellt hatte, bekam am meisten ab: Unausgegoren sei seine Idee, verfassungsrechtlich so nicht machbar, bescheinigte ihm der spezialisierte Fachanwalt Dieter Frey.

Dass das den Rechteverwertern relativ egal ist, machte Florian Drücke vom Bundesverband Musikindustrie deutlich. Man könne nicht einfach bei allem sagen, dass es nicht gehen würde, dass man Abmahnungen abschaffen aber keine anderen Durchsetzungsmechanismen zulassen wolle. Der Internetwirtschaftsverbandsvertreter Oliver Süme betonte, dass Rechteinhaber doch bereits heute Warnungen statt Abmahnungen schicken könnten. Es zwinge sie ja niemand, Anwälte zu beauftragen.

Keine Alternativen zur Abmahnung

Nein, derzeit gebe es keine Alternativen zu Abmahnungen, sagte Florian Drücke vom Bundesverband Musikindustrie. Denn das Verfahren sei teuer und schwierig. Wie teuer genau? Das verriet er nicht. Aber auf jeden Fall sei die von der CCC-Sprecherin Constanze Kurz in den Raum geworfene Zahl von 190 Millionen Euro Umsatz durch Abmahnungen so nicht richtig. Dass drakonische Strafen für Urheberrechtsverletzer die Nutzer nicht davon überzeugen könnten, dass Musik- und Filmwirtschaft sowie neuerdings auch die Buchverlage nicht die Inkorporation des Bösen, sondern berechtigte Interessenten seien, darauf wies der Journalist Dirk von Gehlen hin.

Erst kurz vor Schluss, als alle bekannten Argumente für und wider Abmahnungen, Netzsperren und Warnhinweise noch einmal wiederholt waren, ging es dann plötzlich doch noch um neue Geschäftsmodelle. Die von CCC-Sprecher Frank Rieger vorgeschlagene Idee einer Pauschalvergütung in Form der Kulturwertmark erfuhr bei den vertretenen Urheberverwertern wenig Zustimmung.

Kein rettendes Ufer in Sicht

Deutlich mehr Kopfnicken verursachte Riegers Hinweis, dass der größte Teil der in der Bundesrepublik über das Bittorrent-Tauschbörsenprotokoll angebotenen Werke in Deutschland noch nicht erhältliche US-Fernsehserien seien. Ein Ärgernis. Trotz einiger Positivbeispiele konnten die Experten aber noch kein rettendes Ufer für Kreativwirtschaft und Kreative ausmachen.

Die meisten Erfolge im Bereich des Crowdfunding beispielsweise seien eher glückliche Einzelfälle. Wer glaube, dass neue Geschäftsmodelle so einfach wären, könne „doch mal die Kastanienallee rauf und runter laufen, da gibt’s doch so viel Risikokapital“, sagte der Bundesverband Musikindustrie-Geschäftsführer Drücke in Anspielung auf die von Berliner Startups als „Silicon Allee“ bezeichnete Flaniermeile in Berlin-Mitte. In deren unmittelbarer Nähe hat auch das Start-Up Soundcloud seinen Sitz, das vielleicht so etwas wie eine Zukunft für Musik im Netz darstellen könnte. Nur Geld verdienen, das tut auch Soundcloud derzeit noch nicht.

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