Urteil des Amtsgerichts Hamburg: Haftstrafe für Holocaustleugnerin

Die Grande Dame der Holocaustleugnungsszene, Ursula Haverbeck, bekommt 10 Monate Haft ohne Bewährung. Das Urteil will sie nicht akzeptieren.

Ursula Haverbeck 2009 neben einem Wegweiser im Bundesverwaltungsgericht in Leipzig

Wurde bereits mehrfach wegen Volksverhetzung angeklagt: Ursula Haverbeck. Foto: dpa

HAMBURG taz | Donnerstagvormittag im Amtsgericht Hamburg. Im Saal 127 erklärt Ursula Haverbeck ihre Weltsicht. Es sei „nicht historisch belegt“, dass Auschwitz ein Vernichtungslager war. Das sei vielmehr nur „ein Glaube“, verkündet die 87-Jährige gut gelaunt. Amtsrichter Björn Jönsson ist sichtlich bemüht, die Fassung zu behalten. „Es ist bedauerlich, dass eine Frau, die in Ihrem Alter noch so rege ist, ihre Energie darauf verschwendet, so einen haarsträubenden Blödsinn zu verbreiten“, sagt Jönsson. „Bei Ihnen ist Hopfen und Malz verloren.“

Ursula Haverbeck ist so etwas wie die Grande Dame der Holocaustleugnungsszene. Seit Jahrzehnten verbreitet die Exvorsitzende des 2008 verbotenen rechtsextremen Schulungszentrums Collegium Humanum unermüdlich ihr nazistisches Gedankengut. Zwei Geldstrafen und eine Bewährungsstrafe wegen Volksverhetzung hat sie bereits im Bundeszentralregister stehen. Was eigentlich erstaunlich wenig ist.

Diesmal stand Haverbeck wegen mehrerer Interviews vor Gericht, die sie im April dieses Jahres gegeben hatte. Darin hatte sie unter anderem bekundet, der Holocaust sei „die größte und nachhaltigste Lüge der Geschichte“. Ihre damaligen Aussagen bestätigte sie vor Gericht. „Ja, das habe ich so gesagt“, sagte die rüstige Witwe eines NSDAP-Funktionärs. „Dabei bleibe ich auch.“ Den Paragraphen 130, der das Leugnen des Holocaust unter Strafe stellt, bezeichnete Haverbeck, die ohne Anwalt angereist war, als ein „Gesetz zur Aufrechterhaltung einer Lüge“.

Der Saal? Für ihren Auftritt zu klein

Bereits vor Beginn der Verhandlung hatte sich Haverbeck mit Richter Jönsson angelegt: Der Saal sei ihr für ihren Auftritt zu klein. Im blauen Kostüm und weißer Bluse wollte die Dame mit den hochgesteckten weißen Haaren und den geröteten Wangen vor großem Publikum erneut für die vermeintliche Wahrheit und gegen die angeblich eingeschränkte Meinungsfreiheit streiten.

Ärgerlich für sie: Im Saal war die einzige Zuschauerbank vor allem mit antifaschistischen Gegnern besetzt. Der Grund, dass ihre Anhänger vor der Tür skandierten: „Wir wollen rein!“ Auf dem Flur hatte der schleswig-holsteinische NPD-Vorsitzende Ingo Stawitz die Angeklagte herzlich begrüßt. Der verurteilte Holocaustleugner Riegolf Hennig hatte ihr einen Blumenstrauß überreicht.

Von einer „fanatischen Verblendung“ sprach die Staatsanwaltschaft – eine Charakterisierung, der das Gericht nicht widersprechen wollte. Kurz vor elf Uhr verurteilte Amtsrichter Jönsson die Unbelehrbare zu einer Haftstrafe von zehn Monaten Haft ohne Bewährung.

Als Haverbeck den Gerichtssaal verließ, wurde sie von ihren Fans mit Applaus begrüßt. „Selbstverständlich“ akzeptiere sie das Urteil nicht, verkündete die Seniorin.

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