Verhandlungen über Waffenhandel: Berlin bereit zum Kompromiss

Die Bundesregierung will in den Verhandlungen zum internationalen Waffenhandelsvertrag die EU-Standards vertreten – ohne große Hoffnung auf deren Durchsetzung.

Gefragtes Ungetüm: Saudi-Arabien möchte solche Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 aus Deutschland kaufen. Bild: dpa

BERLIN taz | Für einen Mann vom Auswärtigen Amt sprach Jörg Ranau relativ klare Worte: Deutschland ziehe in die Verhandlungen um den Internationalen Waffenhandelsvertrag (Arms Trade Treaty, ATT) mit der Position, „möglichst viel davon zu erreichen, was in der EU gilt“, so der Beauftragte für Exportkontrolle im Auswärtigen Amt im Juni auf einer Konferenz zum Thema.

„Wir müssen aber kompromissbereit sein“, so Ranau weiter. „Wir werden uns irgendwo in der Mitte treffen müssen.“ Die Botschaft: Hofft nicht zu viel. Doch nannte Ranau immerhin ein paar Eckpunkte der deutschen Vorstellungen: Unter den vom Vertrag umfassten Gütern sollten nicht nur Panzer und Großgeräte, sondern auch Kleinwaffen und Munition sein. „Das ist für uns ein Muss“, sagte Ranau. Auch eine Kontrolle über den Verbleib sei nötig: „Die Waffen müssen im Staat bleiben, in den sie exportiert wurden.“

Nun gelingt etwa diese „Endverbleibskontrolle“ selbst der Bundesrepublik, die weltweit sowohl als drittgrößter Waffenexporteur als auch für ihre strikten Exportrichtlinien bekannt ist, nur teilweise.

Der globale Handel mit Kriegsgütern ist trotz der seit 2008 herrschenden weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise weiterhin eine höchst lukrative Wachstumsbranche. Laut dem jüngsten Bericht des Stockholmer Internationalen Friedensforschungsinstituts (Sipri) stieg der Umsatz der 100 größten Rüstungskonzerne von 2010 auf 2011 um 1 Prozent auf 411,1 Milliarden US-Dollar. Insgesamt verbuchten die Unternehmen in den ersten neun Jahren nach dem 11. September 2001 eine Steigerung um 60 Prozent. Dominierend waren 2010/2011 Konzerne aus den Vereinigten Staaten und Westeuropa. Auf die 44 US-Firmen entfallen mehr als 60 Prozent aller Einnahmen. Aus Westeuropa kommen 30 Unternehmen, aus Russland 8. Am stärksten boomt der Waffenhandel in Asien. In dieser Weltregion wurden im Sipri-Untersuchungszeitraum 2007–2011 über 44 Prozent des globalen Waffenhandels abgewickelt. (AZU)

Auch die neuen Bestrebungen, den Export stärker in den Nahen und Mittleren Osten auszurichten – zu erkennen am geplanten Leopard-2-Export nach Saudi-Arabien –, dürften in New York eine Rolle spielen. Denn das Menschenrechtsargument der EU und namentlich der Bundesrepublik wird dadurch eher nicht gestärkt.

Schwellenländer als künftige Exporteure

Wie groß auch das sonstige deutsche Interesse am Vertrag ist, brachte auf der Konferenz in Berlin die Rüstungslobby ohne Scheu zum Ausdruck. „Wir unterstützen den ATT“, rief der Vertreter der Aerospace & Defence Industrial Association of Europe.

„Die Importeure von heute sind die Exporteure von morgen.“ Sollte heißen: Noch kaufen die großen Schwellenländer wie Brasilien oder Indien unsere Waffen. Bald werden sie sie selbst bauen und verkaufen – dann aber bitte zu unseren Konditionen.

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