Verkehrsregeln für Fahrradfahrer: Freie Fahrt für Radler

Radler sollen Haltezeichen an Ampeln ignorieren dürfen, wenn der Verkehr dies zulässt. Doch die Bevölkerung und die Verbände sind skeptisch.

Auf einer Wiese stehen zwei Fahrräder, daneben ein Sonnenschirm und ein liegender Mensch

Am Besten macht man bei rot erstmal ein Päuschen Foto: dpa

BERLIN taz | Jeder Radfahrer kennt das: Da steht man an einer roten Ampel, weit und breit sind weder Auto noch Fußgänger in Sicht – und man muss trotzdem warten, warten, warten. Für viele Radler, die sich gern schnell durchwurschteln, ist diese Situation eine Geduldsprobe. Blöde Schikane, denkt mancher und überquert einfach die Kreuzung – was er als Fußgänger ebenso täte, sich als Autofahrer aber nie wagen würde.

Damit Radler nicht die Geduld verlieren müssen, will ihnen der Grünen-Bundestagsabgeordnete Dieter Janecek, nun das Weiterfahren bei Rot ausdrücklich erlauben – wenn dies der Verkehr zulässt. Die Straßenverkehrsordnung sei zu sehr auf das Autofahren ausgerichtet, argumentiert Janecek. Aber: Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger müssten gleichberechtigt behandelt werden. Das Radfahren sei ohnehin die Zukunft, es halte fit und sei gut für die Umwelt.

Janeceks Vorstoß stößt allerdings nicht überall auf Begeisterung. Nur 17 Prozent der Befragten finden ihn gut, vier von fünf Deutschen sind dagegen, wie eine am Donnerstag veröffentlichte repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov ergab. Allerdings: Das Rechtsabbiegen bei Rot für Radfahrer, wie es teilweise in den USA erlaubt ist, würden 53 Prozent befürworten.

Auch der Radfahrerclub ADFC hätte nichts gegen die Rechtsabbiegerlockerung für Radler. „Das freie Rechtsabbiegen bei Rot an geeigneten Kreuzungen kann ein Baustein sein, um den Radverkehr zügiger zu gestalten“, sagte Clubsprecher René Filippek der taz. „Das Thema hat für uns aber keine Priorität.“ Wichtiger sei es, den Radverkehr insgesamt sicher und komfortabel zu gestalten. Dafür bräuchten Radler mehr Platz im städtischen Straßenraum und bessere Wege. Zudem müsse mehr gegen die Gefahren durch rechtsabbiegende Lkws und Autos getan werden.

„Kontraproduktiv und gefährlich“

„Rote Ampeln generell für Radfahrer abzuschaffen, halten wir für kontraproduktiv und gefährlich“, sagt Filippek. Der ADFC setze sich für eine intelligente Lösung ein, die es bereits in Frankreich und den Beneluxstaaten gebe. Ein Zusatzzeichen erlaubt es dort an geeigneten Kreuzungen, bei Rot rechts abzubiegen. An geeigneten T-Kreuzungen dürfe man als Radfahrer auch geradeaus durchfahren. Aber: Wer Grün hat, hat natürlich weiterhin Vorrang. Diese Lösung mache sowohl den Rad- als auch den Autoverkehr flüssiger. Ein Pilotversuch habe gezeigt, erzählt Filippek, dass es auch zu weniger Konflikten zwischen den Verkehrsarten kommt – und dass die neue Lösung auch von den Fußgängern akzeptiert werde.

Der ADFC setzt sich für die Einführung eines entsprechenden Verkehrszeichens in die Straßenverkehrsordnung in Deutschland ein. Wenn der Gesetzgeber dazu nicht bereit ist, soll er nach Ansicht des Clubs zumindest einen entsprechenden Versuch finanzieren und auswerten.

Fußgänger befürchten neue Konflikte zwischen den Verkehrsteilnehmern

Stefan Lieb, Geschäftsführer des Fußgängerverbandes FUSS sieht die Rechtsabbiegeregel hingegen kritisch. „Die Radler könnten Fußgänger übersehen, insbesondere von rechts kommende, weil sie hauptsächlich auf Autos achten würden, die von links kommen“, sagt Lieb der taz. Als Radler sei die Aufmerksamkeit ohnehin mehr auf Autos und Lkws gerichtet, da sie gefährlicher als Fußgänger sind. So könnte es zu neuen Konflikten kommen, meint Lieb.

Einem Versuch mit einer generellen Rot-Freigabe, wie es Janecek vorschlägt, ist der Fußgängerverband aber nicht abgeneigt. „Das müsste dann aber auch für Fußgänger gelten“, sagt Lieb. Fußgänger seien es ohnehin gewohnt, sich auf für sie geltendes Grün nicht zu verlassen. „Wer bei Grün geradeaus läuft, muss sowieso immer schauen, ob nicht Rechtsabbieger aus der gleichen Richtung oder Linksabbieger aus der entgegengesetzten Richtung gefährlich werden können.“

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