Versauerung der Ozeane: Sprudel macht Korallenfische high

Der steigende CO2-Ausstoß beeinflusst auch das Leben der Meeresbewohner. Das Kohlendioxid macht sie leichtsinnig – und damit anfälliger für Feinde.

Hat keine Ahnung, dass er vielleicht gleich vernascht wird: Fisch auf CO2 Bild: Roarky / photocase.de

BERLIN taz | Wer braucht schon Alkohol, um lockerer zu werden, wenn es Selters gibt – zumal wenn man darin schwimmt? Fünf Jahre lang haben australische und US-amerikanische Forscher die Fische in den Korallenriffen der Milne Bay im östlichen Papua-Neuguinea beobachtet, in denen vulkanische Aktivitäten unter dem Meeresboden kontinuierlich Kohlendioxid erzeugen, das das Wasser aufsprudelt.

Ihre Erkenntnis: Der hohe CO2-Gehalt der Umgebung macht die Bewohner leichtsinnig. „Die Fische werden tollkühner und wagen sich weiter von ihren sicheren Verstecken weg als ihre Artgenossen in Kontrolluntersuchungen“, schreibt Alistair Cheal vom Australian Institute of Marine Science (AIMS) im Wissenschaftsjournal Nature Climate Change. „Das macht sie deutlich anfälliger gegenüber Räubern.“

Die Wirkung von CO2 auf die Fische ist deswegen so interessant, weil die Ozeane derzeit so schnell versauern wie noch nie. Während der steigende Ausstoß von CO2 in der Atmosphäre zur globalen Erwärmung führt, wirkt das Treibhausgas im Wasser, wo es zu mehr als 90 Prozent landet, chemisch: Es senkt dessen pH-Wert, sprich: Die Meere werden immer saurer. Wenn sich nichts ändert, bis zum Ende dieses Jahrhunderts um bis zu 170 Prozent, rechneten Wissenschaftler des Western Australia’s Oceans Institute 2013 hoch. Die Situation in der Milne Bay könnte also ein Vorgriff auf das sein, was sich künftig in den Weltmeeren abspielt.

Deutsche Forscher vom Alfred Wegener Institut für Meeresforschung in Bremerhaven zeigten ebenfalls im vergangenen Jahr, dass diese Versauerung vor allem für Krustentiere schädlich ist. Die saure Umgebung weicht den Kalk auf, aus dem sie ihre Skelette und Schalen formen, sie sind schlechter gegen Angreifer geschützt.

Die jüngsten Forschungsergebnisse legen nun nahe, dass auch Fische nicht nur über die Nahrungskette, sondern genauso direkt von den sinkenden pH-Werten betroffen sind. Der AIMS-Studie zufolge, für die die Wissenschaftler das Leben im Riff fünf Jahre lang beobachteten, wirkt das CO2 auf Nervensystem und Sinne, sodass die Fische plötzlich ein verändertes Verhalten an den Tag legen.

So nehmen sie den Geruch von Fressfeinden als verlockend wahr. „Normalerweise sind vor allem kleine Fische sehr nervös und bleiben nahe bei ihren Zufluchten“, schreibt Mitautor Cheal. „Nun können sie nicht mehr zwischen sicheren und feindlichen Umgebungen unterscheiden und werden schneller gefressen.“ Besonders problematisch sei, dass sich dieser Effekt nicht abnutze, wenn ihm die Fische länger ausgesetzt sind.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.