VfL Wolfsburg – Hannover 96: Müde Wölfe verspielen 2:0-Führung

Nach einem 2:2 im Niedersachsen-Clasico hofft Hannover 96 auf den Klassenerhalt. Der VfL Wolfsburg bangt um die direkte Champions-League-Qualifkation.

Salif Sane (l.), der ein wunderschönes Tor erzielte, jubelt mit Kenan Karaman Bild: dpa

WOLFSBURG taz | Bas Dost stand im Innern der VW-Arena und schaute auf den Bildschirm mit der Bundesligatabelle. „Das wird richtig eng“, knurrte der Mittelstürmer des VfL Wolfsburg, „weil wir das heute nicht gewonnen haben“. Einerseits freute den Niederländer sein 14. Saisontreffer, andererseits nervt ihn offenbar die sich anbahnende Verpflichtung eines weiteren Mittelstürmers, der Max Kruse heißen könnte. Oder anders.

Drittens ist nach dem 2:2 gegen Hannover 96 im Niedersachsen-Clasico nicht nur die Vizemeisterschaft für die VW-Tochter in Gefahr, sondern sogar die direkte Champions-League-Teilnahme. Wie es kommen konnte, dass die Wölfe nach einem 2:0 zur Halbzeit fast noch verloren hatten? „Keine Ahnung, eigentlich“, sagte Dost. Genau weiß man es nie, aber es spricht etwas dafür, dass dem VfL nach einer außergewöhnlich starken Saison, dem Erreichen des Pokalfinale und zuletzt permanenten Höhepunkten in den Spielen dazwischen der letzte Punch fehlt.

Gegen einen mausetoten Gegner mit zwei Toren führen und auf Konter warten können, besser geht es nicht. „Jungs, konzentriert weiterspielen“, sagte Trainer Dieter Hecking in der Pause. Und hinterher sagte er: „Aber diesmal hörten sie mir nicht gut genug zu.“ Mit Daniel Caligiuri hatte er den derzeit besten Angreifer 70 Minuten geschont, der Weltmeister Andre Schürrle ist derzeit kein ganz gleichwertiger Ersatz, und auch Ivan Perisic ringt – trotz eines schönen Tores zum 2:0 (45.) – um seine Bestform.

Kevin De Bruyne ist sicher neben Arjen Robben Kandidat für den Bundesligaspieler der Saison und initiierte Dosts 1:0 (24.) mit seiner 19. Torvorlage – ein neuer Ligarekord. Doch bezeichnend war auch, wie er sich beim späten Wolfsburger Anrennen, von Caligiuri im Strafraum perfekt freigespielt, mit dem Knöchel des rechten Beines den Ball selbst wegspitzelte. Ein klassischer Müdigkeitsfehler.

Alle Hannoveraner sagten hinterher, dieser Punkt sei wahnsinnig wichtig, den der eingewechselte Briand (47.) und Sane mit einem spektakulären Fallrückzieher (58.) retteten. Doch was er wirklich wert sein wird, ist unklar. Nach dreizehn Jahren in Folge in der Bundesliga ist das nominelle Mittelklasse-Unternehmen mit Europacup-Ambitionen nach einer desaströsen Rückrunde nun auf den Relegationsplatz abgestürzt.

Weiche Variante des Nußknackerlächelns

Aber für einen Klub, der 14 Spiele nicht mehr gewonnen hat, fühlt sich so ein Remis offenbar wie ein Sieg an. Selbst Präsident Martin Kind trug eine weiche Variante seines Nußknackerlächelns im Gesicht. Erstens hatte er in der zweiten Halbzeit „eine andere Mannschaft“ gesehen. Zum Zweiten wäre bei einer Niederlage der späte Trainerwechsel von Tayfun Korkut zu Michael Frontzeck bereits nach zwölf Tagen verpufft. So kann der Neue für sich beanspruchen, dass das Remis nicht vom Himmel fiel, sondern er es in der Pause durch zwei Wechsel und einen emotionalen Kick einleitete.

In der Nachspielzeit verhinderte VfL-Keeper Benaglio gar einen Sieg der 96er gegen den allein auf ihn zu stürmenden Edgar Prib. Hannover geht am Dienstag in ein Dreitages-Trainingslager, um sich auf die letzten drei Spiele vorzubereiten, das allerletzte zuhause gegen den direkten Konkurrenten SC Freiburg. Nach Slomkas Konter- und Korkuts Ballbesitzfußball muss das Team nun Überlebensfußball hinbekommen.

„Schwer, aber machbar“, sagt Frontzeck. Was soll er auch sonst sagen? Wenn etwas für 96 spricht, dann dass die anderen hinten drin auch hin und her taumeln. Was den VfL Wolfsburg angeht, so schwelgen die Anhänger in Vorfreude auf das Pokalfinale. „Scheiß auf die Meisterschaft/und den Europacup/DFB-Pokal/gehört uns dieses Mal“, lautet der neue Lieblingsgesang.

Trainer Hecking versucht Zweifel zu zerstreuen, in der Liga könne dem Team noch die Luft ausgehen. Sorgen? „Nö“, sagte er. Warum nicht? „Weil wir gut sind.“ Das stimmt. Aber ein paar Mal muss man es schon noch beweisen.

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