Videoüberwachung an niederländischen Grenzübergängen: Grenzfoto für alle

Auch die Niederlande wollen mehr Kontrolle an ihrer Grenze und überwachen künftig zwei Übergänge per Video. Niedersachsens Datenschützer sind wenig begeistert.

Deutsch-niederländische Grenze: Bald kommt hier keiner mehr unbemerkt rüber. Bild: dpa

HAMBURG taz | Mal kurz unbehelligt in die Niederlande und zurück - das ist bisher kein Problem. Doch wer künftig auf der Autobahn von Leer nach Groningen oder von Meppen nach Hoogeveen unterwegs ist, wird bei seinem Ausflug gefilmt werden.

Die Niederlande testen an diesen beiden Grenzübergängen die automatische Erfassung von Autokennzeichen und Autofahrern, sagt ein Sprecher der niederländischen National- und Grenzpolizei Koninklijke Marechaussee. Die Kameras für den Pilotversuch, mit deren Hilfe grenzüberschreitende Kriminalität, illegale Einwanderung und Drogenhandel bekämpft werden sollen, wurden bereits installiert.

Eigentlich wollte man die Öffentlichkeit erst nach dem Test informieren. Aber ein Reporter des niederländischen Dagblad van het Noorden entdeckte die Kameras. Der Plan der Grenzpolizei ist damit passé, und Kritik wird laut.

Der europäische Datenschutzbeauftragte Peter Hustings hat im März 2010 die Richtlinien zur Videoüberwachung veröffentlicht. Darin heißt es unter anderem:

Die Öffentlichkeit muss über die Überwachung sofort informiert werden.

Schutz der Privatsphäre steht an erster Stelle. Sobald es eine Alternative zur Videoüberwachung mit weniger negativen Folgen gibt, sollte diese gewählt werden.

Nicht installiert werden sollten Kameras, wenn sie nur die Illusion von Sicherheit vermitteln.

"Datenschützer sind immer skeptisch, wenn es darum geht, Videoüberwachung einzusetzen", sagt Rainer Hämmer, stellvertretender Landesdatenschützer aus Niedersachsen. Aber diese Kontrollen führten die Niederländer auf eigenem Gebiet durch und das müsse man so hinnehmen. "Vereintes Europa hin oder her, wird sind nicht soweit, dass wir auf die Methoden zur Grenzkontrolle Einfluss hätten", sagt Hämmer.

Der Datenschützer kann es sich allerdings "nicht vorstellen, dass durch die Videoüberwachung die Sicherheit des Landes in irgendeiner Form gestärkt wird". - Doch genau darum soll es bei der Überwachung der Grenzübergänge gehen. Allerdings ändert sich faktisch wenig: Während die Dänen auch auf mehr Zollhäuschen und Stichproben bei Reisenden setzen, begnügen sich die Niederlande mit der automatischen Erfassung der Reisenden und ihrer Autos.

"Aber die Frage ist, ob es verhältnismäßig ist, alle Reisenden zu erfassen", sagt Nils Zurawski, Kriminologe an der Uni Hamburg. Sicherlich könnten beispielsweise anhand von Autokennzeichen ein gestohlener Wagen verifiziert oder polizeilich gesuchte Personen identifiziert werden, aber das sei Teil der normalen polizeilichen Ermittlungsarbeit.

"Es scheint mir gegen die Unschuldsvermutung zu sprechen, wenn jeder, der die Grenze auf der Autobahn passiert, gefilmt und erfasst wird", sagt Zurawski. Und die, die sich vor den Bildern fürchten müssten, würden sowieso jenseits der kontrollierten Autobahnen die Grenze passieren.

"Die Grenze ist offen und man kann über Feldwege und Nebenstraßen über die Grenze gehen", sagt Zurawski. "Das Ganze klingt mir ein wenig nach: Wir haben die Technik und deswegen setzen wir sie auch ein." Aus Fallstudien wisse man außerdem, dass Videoüberwachung von der Polizei oft dann eingesetzt werde, wenn der Eindruck vermittelt werden solle, dass die Polizei moderne Fahndungsmethoden anwende.

Wenn die Pilotphase erfolgreich verlaufe, will die niederländische Grenzpolizei Videokameras an 15 weiteren Grenzübergängen zu Deutschland und Belgien installieren. Zur Frage, welche Kriterien der Probelauf erfüllen müsse, um erfolgreich zu sein, wollte sich die niederländische Grenzpolizei am Montag nicht äußern.

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