Völkermord in Ruanda: Zwei Täter kommen vorzeitig frei

Das UN-Tribunal für Ruanda hat in seinem letzten Urteil sechs Schuldsprüche bestätigt. Die Haftstrafen aber wurden reduziert.

Die Gebeine der Getöteten in einer Gedenkstätte bei Ntarama

Die Gebeine der Getöteten in einer Gedenkstätte bei Ntarama, Ruanda Foto: ap

BERLIN taz | In seinem letzten Urteil hat das UN-Völkermordtribunal für Ruanda am Montag zwei verurteilte Völkermordverantwortliche auf freien Fuß gesetzt. Die Berufungskammer im tansanischen Arusha verfügte die sofortige Freilassung von Sylvain Nsabimana, während des Völkermords an über 800.000 Tutsi in Ruanda 1994 Präfekt des Distrikts Butare, und Joseph Kanyabashi, damals Bürgermeister des Stadtteils Ngoma in der Distrikthauptstadt Butare.

Die Schuldsprüche gegen die beiden wurden aufrechterhalten: Nsabimana bleibt des Völkermordes schuldig, Kanyabashi der Beihilfe. Aber ihre Haftstrafen wurden so weit verringert, dass sie jetzt als verbüßt gelten. Grund ist die überlange Dauer des Verfahrens.

Nsibamana befindet sich seit 1997 in Gewahrsam des UN-Tribunals, Kanyabashi sogar seit 1995. Aber der Prozess gegen sie begann erst 2001 und dauerte elf Jahre – wegen einer Maßnahme, die eigentlich der Beschleunigung dienen sollte, nämlich ein Sammelprozess, wenn bei mehreren Anklagen die gleichen Tatvorwürfe erhoben werden.

Der sogenannte Butare-Prozess behandelte kollektiv alle Völkermordvorgänge in diesem südruandischen Distrikt und lief gegen sechs Angeklagte gleichzeitig. Aber er zog sich bis 2012 hin; sein erstinstanzliches Urteil umfasst 1.568 Seiten. Diese Verzögerungen „können nicht vernünftig erklärt oder gerechtfertigt werden“, sagte der Vorsitzende der Berufungskammer, Richter Fausto Pocar aus Italien

Alle noch anhängigen Fälle gehen an Ruandas Justiz

Am prominentesten im Butare-Prozess war die Frauenministerin Ruandas während des Völkermords, Pauline Nyiramasuhuko, die einzige Frau unter allen Angeklagten des Ruanda-Tribunals. Sie saß seit 1997 in Haft und war 2012 wegen Verschwörung zum Völkermord zu lebenslanger Haft verurteilt worden; ihr Sohn sowie ein weiterer Angeklagter erhielten ebenfalls lebenslange Haft.

Die Berufungskammer bestätigte die Schuldsprüche, verkürzte die Strafmaße aber auf 47 Jahre, womit die 1946 geborene Exministerin unter Anrechnung der Untersuchungshaft im Alter von 97 freikommen könnte.

Mit dem Butare-Berufungsurteil stellen die UN-Richter in Arusha ihre Arbeit endgültig ein. Alle noch anhängigen Fälle werden der ruandischen Justiz übergeben. Einer davon betrifft ebenfalls Massaker in Butare: der Fall des Exbürgermeisters Ladislas Ntaganzwa, der erst letzte Woche im Kongo geschnappt wurde. Kongos Regierung verweigert jetzt seine Auslieferung nach Ruanda.

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