Vorwurf gegen bayerischen Landrat: Das Geschäft mit den Asylbewerbern

In Bayern suchen zwei Kommunen Unterkünfte für Asylsuchende – und finden sie bei den Kindern des Landrates. Die Opposition wittert Amtsmissbrauch.

Menschenwürdigere Zustände oder ein gutes Mietgeschäft? Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Von einer „Notsituation“ spricht Josef Eppeneder, Kritiker werfen dem Landrat Amtsmissbrauch und Vorteilsnahme vor. Sohn und Tochter von Landrat Eppeneder (CSU) betreiben zwei Asylbewerberunterkünfte in den niederbayerischen Orten Vilsbiburg und Wört an der Isar. Bezahlt werden diese von der Kommune. Dank der Vermittlung des Vaters profitieren sie so direkt von einem Auftrag der Gemeinde.

Eppeneder selbst, das wird schnell deutlich, ist in seiner Version der Geschichte der Retter in der Not. Im Januar habe die Regierung von Niederbayern den Landkreis Landshut beauftragt, 180 Asylsuchende unterzubringen. Die Zahl der Asylbewerber in den Industrieländern ist im vergangenen Jahr um 20 Prozent gestiegen – nach Bayern kamen nach Auskunft des bayerischen Arbeits- und Sozialministeriums im vergangenen Jahr 11 Prozent mehr Flüchtlinge als 2010.

„Wir haben die Pflicht, die Asylsuchenden menschenwürdig unterzubringen“, erklärte Eppeneder gegenüber der taz. Wochenlang hätten Verwaltung, Ausländerbehörde und Landratsamt über die Medien nach geeigneten Unterbringungsmöglichkeiten gesucht. Als nichts gefunden wurde, kam dem Landrat eine Idee.

Um gegen die Flüchtlingspolitik der bayerischen Landesregierung vorzugehen, veranstaltet das Netzwerk Deutschland Lagerland vom 14. bis 26. Mai 2012 bayernweite Aktionswochen. Der Bayerische Flüchtlingsrat bemängelt seit Jahren, dass der Freistaat vielerorts an der Unterbringung von Asylsuchenden in Lagern festhält. Immer wieder treten Asylbewerber in den Hungerstreik. (maha)

„Im Februar habe ich dem Bürgermeister von Vilsbiburg vorgeschlagen, dass die Asylsuchenden vorübergehend im Haus meines Sohnes untergebracht werden können“, so Eppeneder. Der Bürgermeister habe zugestimmt, so der Landrat, weil kein anderes Gebäude zur Verfügung stand. Ähnlich habe es sich in Wörth verhalten.

Hier hatte Eppeneders Tochter soeben ein altes Gasthaus mit Fremdenzimmern gekauft, das sie nun der Gemeinde anbot. Dass die beiden Gebäude, die die Kinder erst kürzlich gekauft hatten, allein zu diesem Zweck angeschafft worden waren, bestreitet der Vater vehement. „Meine Tochter ist Gastwirtin und hatte ohnehin nach einer neuen Immobilie gesucht“, so Eppeneder.

Kaufverhandlungen für die Kinder geführt

Kritiker wollen nicht so recht glauben, dass da wirklich kein Zusammenhang besteht. „Beide Gebäude sind abgewohnte Immobilien, die schon länger auf dem Markt waren“, sagt Hans Weinzierl, Fraktionssprecher der Freien Wähler im Kreistag. „Meines Wissens lag der Kaufpreis der Gebäude unter 20.000 Euro.“

Wenn man bedenke, dass die Gemeinde nun einen Tagessatz von 20 Euro pro Asylbewerber an die Kinder des Landrates entrichte, ergibt das bei einer Belegung mit 20 Menschen eine Mieteinnahme von 12.000 Euro monatlich. „Für ein Gebäude, das auf dem üblichen Mietmarkt etwa 1.000 Euro im Monat einbringen würde“, so Weinzierl. Die lokalen Medien berichten darüber hinaus, dass Eppeneder die Kaufverhandlungen für seine Kinder geführt habe.

Die Regierung von Niederbayern prüft derzeit die Verträge, die zwischen dem Landkreis und den Hausbesitzern entstanden sind. Oppositionspolitiker Weinzierl verspricht sich davon allerdings wenig: „Das Entscheidende, nämlich wie die Kaufverträge zustande gekommen sind und ob der Landrat seine Kinder bevorzugt hat, wird von der Landesregierung nicht geprüft.“ Er will den Fall nun der Staatsanwaltschaft Landshut und dem bayerischen Innenministerium in München vorlegen. Der Bayerische Flüchtlingsrat hat den Landrat zum Rücktritt aufgefordert.

Eppeneder reagiert verständnislos: „Ich weiß nicht, was an meinem Verhalten verwerflich ist“, sagte er der taz. „Ich habe meinen Kindern keinen Informationsvorteil verschafft. Den Bedarf an einem Gebäude konnten sie auch aus den Medien entnehmen.“

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