Wahlen an der Freien Universität Berlin: Ein Kreuzchen für halbierte Hipster

Mit klar formulierten Forderungen wie "Kekse statt Konkurrenz" geht es auf Stimmenfang. Bei den Wahlen an der FU gibt es viel Wahlkampf und wenig WählerInnen.

An der FU wird gewählt. Bild: dapd

Je länger der Stimmzettel, desto geringer die Wahlbeteiligung – ein solcher Zusammenhang ist wissenschaftlich nicht belegt, drängt sich aber geradezu auf bei den aktuellen Gremienwahlen an der Freien Universität (FU) in Dahlem: Bei der bis Donnerstag dauernden Wahl zum Studierendenparlament (Stupa) treten 42 Listen an, und eine der Listen für den Akademischen Senat hat sogar 119 Plätze. Es gilt also, viel Papier zu bewältigen in den Wahlkabinen, die in den vergangenen Jahren stets nur von rund 10 Prozent der Studierenden aufgesucht wurden.

Zu dieser Minderheit zählen die Grundschulpädagogikstudentinnen Rosalie Wortmann und Theresa Kockmann, die gerade ihre Stimmzettel abgegeben haben. „Wir gehen wählen, weil wir uns eine bessere pädagogische Ausbildung im Studium wünschen“, sagt Rosalie. Über die Wahlen fühlen sich beide gut informiert, ganz im Gegensatz zu zwei ihrer Kommilitoninnen. Die gehen nicht wählen, wollen das allerdings nicht mit ihren Namen in der Zeitung lesen. Das möchte niemand von den angesprochenen NichtwählerInnen. Obwohl sie doch die Mehrheit bilden, scheint ihnen das Nichtwählen eher peinlich zu sein. Die meisten begründen ihren Verzicht mit Informationsmangel oder dem Eindruck, „dass das eh nicht viel bringt“.

Ziemlich kompliziert

So falsch ist beides nicht: Die Wahlen sind ziemlich kompliziert, denn die Stimmen müssen in zwei verschiedenen Wahlen für die akademischen sowie die studentischen Gremien abgegeben werden. Zudem ist die Macht der zu wählenden Gremien tatsächlich gering. Das Stupa etwa kann nur Resolutionen verabschieden, die keinerlei rechtliche Wirkung haben.

Dennoch: Weder die magere Wahlbeteiligung noch die Frage nach dem Sinn universitärer Gremienarbeit hält die Listen davon ab, einen leidenschaftlichen Wahlkampf auszufechten. Eifrige Wahlkämpfer spielen dabei seit Wochen mit ebenso eifrigen Uni-Mitarbeitern eine Mischung aus Katz und Maus und Bäumchen, wechsle dich: Alle paar Stunden werden die Bäume rund um die Uni von Plakaten befreit, nur um kurze Zeit später aufs Neue behängt zu werden.

Und der Wahlkampf bringt auch Originalität in den Uni-Alltag: Die Grünen mobilisieren mit süßen Katzenbildern gegen Atomstrom an der Uni, die Fachschaftsinitiative Geschichte scheint mit dem orakelhaften Spruch „Ich war, ich bin, ich werde sein“ über den Niederungen des gewöhnlichen Wahlkampfs zu schweben, während sich die Jusos an prägnanteren Slogans wie „Gerechtigkeit – Master für alle“ versuchen.

Ein Thema, das offenbar die Gemüter bewegt, ist das Essen: Die Fachschaftsinitiative Politikwissenschaft will „Kekse statt Konkurrenz“, bei der Publizistik fordert man „Deconstruct the Krustenbrot“. Und die Hochschulgruppe der „Partei“ wirbt neben ihrem Hauptanliegen „Hipster halbieren“ für mehr Fleisch an der Uni.

Ob es geschickt ist, potenzielle WählerInnen hungrig zu machen, sei dahingestellt. Die Schlange vor dem Mensakarten-Aufwerter in der Silberlaube ist jedenfalls den ganzen Tag über länger als die zum Wahllokal daneben.

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