Wahlkampf in Mecklenburg-Vorpommern: Ministerin auf Wertschätzungstour

Sachlich, informiert, nicht anheischig: Forschungsministerin Wanka schafft an der Ostsee, was kaum noch möglich scheint: Dialog.

Porträt Wanka

Auf Sommertour: Forschungsministerin Johanna Wanka Foto: dpa

GRAAL-MÜ­RITZ taz | Er­staun­lich, dass es auch an­ders gehen kann. In Zei­ten, da Po­li­ti­ke­rIn­nen vom Wahl­volk an­ge­pö­belt wer­den, da es in den Nach­rich­ten schein­bar aus­schließ­lich um Krieg und Ter­ror geht – in die­sen Zei­ten herrscht in Graal-Mü­ritz Har­mo­nie. Die Bun­des­for­schungs­mi­nis­te­rin ist in das be­schau­li­che See­heil­bad ge­kom­men, um mit den Bür­ge­rIn­nen ins Ge­spräch zu kom­men.

Es ist un­über­seh­bar Wahl­kampf in Meck­len­burg-Vor­pom­mern. Auf den Stra­ßen war kein La­ter­nen­pfahl si­cher vor der NPD, alle fünf­zig Meter brül­len die Rech­ten ihre Nein-Bot­schaf­ten übers Land. Von Jo­han­na Wanka hört man bei ihrem Ter­min in Graal-Mü­ritz dazu kein Wort. Statt­des­sen jene stoi­sche Hal­tung, wie man sie von der – eben­falls ost­deut­schen – Kanz­le­rin kennt: sach­lich, in­for­miert, nicht an­hei­schig.

An die­sem Abend lau­tet Frau Wan­kas Thema „Zu­kunft des Le­bens im Alter“. Rund sech­zig Zu­hö­re­rIn­nen sind ins „Haus des Gas­tes“ ge­kom­men. Auf der Ein­la­dung war zu lesen, die Mi­nis­te­rin plane, zum Ab­schluss ihrer Som­mer­tour durch die Wis­sen­schafts-Re­pu­blik über For­schungs­er­geb­nis­se für Äl­te­re zu spre­chen. So kommt es auch.

Die 65-Jäh­ri­ge er­scheint pünkt­lich im Saal. Die Pres­se­ab­tei­lung hat einen Mo­de­ra­tor or­ga­ni­siert, der ihr freund­li­che Fra­gen stellt. Hoch­in­ter­es­sant seien ihre Ge­sprä­che ge­we­sen, die sie in der zu­rück­lie­gen­den Woche zum Thema al­tern­de Ge­sell­schaft ge­führt habe. Im Saar­land und in Nord­rhein-West­fa­len, in Bran­den­burg und Sach­sen sei sie ge­we­sen, heute nun Meck­len­burg-Vor­pom­mern. Sie darf vom Mops eines Chem­nit­zer Haus­meis­ters schwär­men („er heißt Jean Paul“). Sie darf die Wis­sen­schaft loben und sich an­schlie­ßend an­ge­regt mit einer Ger­ia­trie­for­sche­rin, einem All­ge­mein­arzt und einer Me­di­zin­in­for­ma­ti­ke­rin un­ter­hal­ten.

Kein Spreitzen, kein Wichtigtun

Er­staun­lich, ab­ge­se­hen von einem Hin­weis auf die An­we­sen­heit des ört­li­chen CDU-Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten im Saal, ver­zich­tet Wanka auf das üb­li­che Ge­trom­mel für die ei­ge­nen Be­lan­ge. Kein Sprei­zen, kein Wich­tig­tun. Statt des­sen In­ter­es­se und De­bat­te.

Seit 2014 ist Wanka Bil­dungs- und For­schungs­mi­nis­te­rin. Sie folg­te auf An­net­te Scha­van, die über ihre pla­gi­ier­te Pro­mo­ti­on ge­stol­pert war. Wanka kam da­mals aus Nie­der­sach­sen, wo sie – wie schon Jahre zuvor in Bran­den­burg – Wis­sen­schafts­mi­nis­te­rin ge­we­sen war. Aus die­ser Zeit eilte ihr der Ruf vor­aus, zwar freund­lich, aber auch ab­so­lut ziel­stre­big zu sein.

„Wo uns etwas im Wege steht, muss es über­wun­den wer­den, muss daran ge­ar­bei­tet wer­den“ – die­ses Mer­kel-Zi­tat könn­te von Jo­han­na Wanka stam­men. Bin­nen zwei­ein­halb Jah­ren in der Re­gie­rung hat sie den Hoch­schul­pakt zwi­schen Bund und Län­dern ver­län­gert, eben­so die Ex­zel­lenz­in­itia­ti­ve.

An die­sem Abend: selbst­be­wuss­tes Un­der­state­ment, al­len­falls hin und wie­der der Hin­weis dar­auf, was ihr Mi­nis­te­ri­um noch zu be­we­gen ge­denkt. Warum, fragt man sich un­will­kür­lich, kann es nicht öfter so lau­fen zwi­schen Po­li­tik und Wäh­ler­schaft? Wieso gibt es nicht mehr von die­sem Ein­an­der-Zu­hö­ren? Die al­tern­de Ge­sell­schaft ist weiß Gott kein sof­tes ThAuf Sommertour: Forschungsministerin Johanna Wankaema, man hört es aus den drän­gen­den Pu­bli­kums­fra­gen her­aus.

Am Schluss Ap­plaus. War die blon­de Frau aus Sach­sen viel­leicht zu nett? Hat sie ma­ni­pu­liert? Sie hat ihre Ar­beit ge­macht und mit den Leu­ten ge­spro­chen. Ungut, dass man in­zwi­schen selbst dem Sach­li­chen miss­traut.

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