Wegen Tweets in den Knast: Spanischer Humor

Wegen satirischer Äußerungen im Netz: Das Oberste Gericht in Spanien verurteilt den Sänger César Strawberry zu einem Jahr Haft.

Sänger César Strawberry auf der Bühne

César Strawberry fragt sich, wie man einen Terrorismus verherrlichen kann, den es gar nicht mehr gibt Foto: Reiner Wandler

MADRID taz | Ein Jahr Gefängnis für schwarzen Humor im Kurznachrichtendienst Twitter – die Rede ist nicht von Russland oder der Türkei. Es geht um Spanien. Der Hard-Core-Hip-Hopper César Strawberry wurde vergangenen Donnerstag vom spanischen Obersten Gericht zu einem Jahr Gefängnis verurteilt.

Der Grund: Strawberry hatte sich der ihm eigenen sarkastische Art und Weise auf Twitter ausgelassen. Als ein bekanntes ETA-Entführungsopfer eine rechtsradikale Partei gründete, kommentierte der Sänger: „Jetzt müsste man ihn entführen.“ In einem anderen Tweet zählte er Namen bekannter, spanischer Faschisten auf, die im hohen Alter verstorben waren, und schrieb: „Wenn du ihnen nicht das gibst, was Carrero Blanco zuteil wurde, ist die Langlebigkeit immer auf ihrer Seite.“ Admiral Carrero Blanco war die rechte Hand des Diktators Franco. Er wurde 1973 von der ETA (Euskadi Ta Askatasuna, Baskenland und Freiheit) auf dem Weg zur Kirche in die Luft gesprengt.

Mit der Verurteilung annullierte der Oberste Gerichtshof ein Urteil des höchsten Strafgerichts, der Audiencia Nacional, das Strawberry vergangenen Sommer freigesprochen hatte, da Provokation, Ironie und Sarkasmus“ seine künstlerische Arbeit ausmache. Anders als die Audiencia Nacional folgte der Oberste Gerichtshof der Argumentation der Staatsanwaltschaft. Strawberrys Tweets würden „zur Gewalt aufrufen“, den „Terrorismus rechtfertigen“ und würden „die Opfer an die Gefahr erinnern, unter der sie lebten“.

„ETA hat vor über vier Jahren die Waffen niedergelegt“, sagt Strawberry und fragt sich, wie man einen Terrorismus verherrlichen kann, den es gar nicht mehr gibt. „Das Urteil verstößt gegen meine elementarsten Rechte“, beschwert sich der Sänger. Er war jahrelang überwacht worden, vor knapp zwei Jahren wurde er gar festgenommen, sein Handy wurde auf Kontakte mit dem Generalsekretär der Protestpartei Podemos, Pablo Iglesias, durchsucht. „Es geht hier um eine ideologische Verfolgung, wie in einem autoritären System“, ist sich Strawberry sicher.

Die in Spanien regierenden Konservativen sowie deren Juniorpartner, die rechtsliberalen Ciudadanos haben immer wieder versucht Konzerte von Strawberry's Gruppe Def con Dos zu verhindern, in dem sie Anträge stellten, die Gemeinden mögen ihnen die Säle und Plätze entziehen, an denen sie auftraten. Strawberry muss jetzt abwarten, ob die Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird, oder ob er tatsächlich die Strafe verbüßen muss. Der Sänger wird Berufung vor dem Verfassungsgericht einlegen. Sollte er dort abgewiesen werden, will er vor den Europäischen Gerichtshof nach Straßburg ziehen.

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