Werkhof-Rückkauf abgelehnt: „Fauler Kompromiss“

Die Hofbesitzer haben das Kaufangebot der Werkhofgemeinschaft „Viva La Bernie“ ausgeschlagen und bieten einen langfristigen Mietvertrag.

Der Werkhof an der Bernstorffstraße

Umkämpfte Immobilie: Werkhof an der Bernstorffstraße auf St. Pauli Foto: Miguel Ferraz

HAMBURG taz | Kurz nach Mitternacht ist die E-Mail mit dem Mietangebot der AC Immobilieninvestment GmbH bei Ralf Gauger eingegangen. Morgens auf dem Weg zu einer von zwei Baustellen kam der Bauunternehmer dazu, einen Blick auf das Angebot zu werfen, das wenig später auch per Post auf seinem Schreibtisch im Werkhof an der Bernstorffstraße 117a landete.

Da hatte Gauger bereits das Interview mit Christoph Reschke, einem der beiden Inhaber der Immobilieninvestment-Gesellschaft, im Hamburger Abendblatt gelesen, wo die wesentlichen Eckpunkte des Angebots umrissen sind. Einen Mietvertrag über den Zeitraum von 25 Jahren bieten die Eigentümer der Werkhofgemeinschaft an, wobei die Mieten deutlich unter neun Euro pro Quadratmeter blieben.

Auf den ersten Blick kein schlechtes Angebot. Mit dem wollen die beiden Eigentümer, die für den US-amerikanischen Immobilienkonzern Hines arbeiten, der Hofgemeinschaft die Hand reichen, wie es Reschke gegenüber dem Abendblatt formulierte.

Das weiß auch Werkhofsprecher Ralf Gauger zu schätzen, der froh ist, dass nun konkrete Zahlen auf dem Tisch liegen, die beim runden Tisch im Bezirksamt am 15. November diskutiert werden können. Erreicht hat die Werkhofgemeinschaft „Viva La Bernie“ mit ihren öffentlichkeitswirksamen Aktionen aber schon jetzt, dass die Eigentümer nur moderat an der Mietenschraube drehen.

Ralf Gauger, Werkhofsprecher

„Der Begriff der marktüblichen Miete ist ein Synonym für Vertreibung geworden“

Vorgesehen ist die Miete von anfangs sechs Euro pro Quadratmeter in zwei jährlichen Schritten auf 7,47 Euro pro Quadratmeter anzuheben und erst ab dem elften Mietjahr eine Anpassung an die Inflation vorzunehmen. Eine weitere Mietanpassung an die Inflation ist ab dem sechzehnten Mietjahr vorgesehen, doch ab dem 20. Mietjahr steht dann eine Mietanpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete an – allerdings abzüglich eines Solidaritätsabschlags von 25 Prozent.

Das klingt nicht nach Miethai, aber klar ist, dass sich die Mieter schon heute eine „ortsübliche Vergleichsmiete“ nicht leisten können – also gehen müssten. Genau dagegen wehren sich Gauger und die Werkhöfler: „Der Begriff der marktüblichen Miete ist längst ein Synonym für Vertreibung geworden. Wir wollen jedoch in Selbstbestimmtheit bleiben.“ Dafür ist die Mietergemeinschaft bereit noch tiefer in die Tasche zu greifen.

Sie würden den Eigentümern den Verkauf der Immobilie auch stärker versüßen. „Wir haben zur Kenntnis genommen, dass der Kaufpreis, den Christoph Reschke und Alexander Möll gezahlt haben, höher lag als unsere Kalkulation. Deshalb bieten wir den Kauf zu einem Preis an, der eine Million Euro über dem damaligen Kaufpreis liegt“, sagt Gauger. Ihm und den Mietern des Werkhofs geht es darum, die Immobilie in Selbstverwaltung zu überführen und vom Markt zu nehmen.

Investoren wollen Nachverdichtung

Das deckt sich nicht mit den Interessen der Investoren, die bereits im Mietvertrag fixiert haben, dass sie über die Nachverdichtung auf dem Parkplatz und der Hofeinfahrt verhandeln möchten. Das wird in der Nachbarschaft und auf dem Werkhof alles andere als begrüßt. „Aus unser Sicht wäre das ein fauler Kompromiss, eine Kröte, die wir nur schlucken würden, um zu bleiben“, sagt Gauger.

Die anvisierte Verdichtung dürfte auch ein Thema beim runden Tisch im Bezirksamt am 15. November werden. Allerdings hat Bezirksamtsleiterin Liane Melzer bereits unmissverständlich klargemacht, dass es Ausnahmegenehmigungen für potenzielle Bauvorhaben auf dem Hinterhof nur geben kann, wenn sich die Investoren mit der Werkhofgemeinschaft einigen können. Danach sieht es derzeit nicht aus – auch wenn nun endlich konkrete Vorschläge auf dem Tisch liegen.

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