Whistleblower über Wikileaks: "Das Gebot ist Transparenz"

Eine völlige Anonymität ist unmöglich, sagt Guido Strack vom Whistleblower-Netzwerk. Die Häufung der Fälle von Fehlern bei Wikileaks hat den Plattformen geschadet.

Guido Strack sagt, er kann die Leakingplattform Wikileaks von Julian Assange nicht mehr guten Gewissens empfehlen. Bild: dpa

taz: Herr Strack, die unredigierten Diplomatendepeschen sind in der Welt. Bei wem liegt jetzt die Schuld - bei Wikileaks oder bei dem Journalisten David Leigh vom Guardian?

Guido Strack: Das kann ich nicht beurteilen. Generell glaube ich aber, dass Leaking-Plattformen ein systematisches Problem haben: Die rein technische Sicherung der Anonymität, und das ist ja die Grundidee, die hinter Openleaks und Wikileaks steht, funktioniert nicht: Wenn sie Dokumente anonymisieren, muss das manuell erfolgen - das heißt. der Prozess des Leakens ist nicht völlig automatisiert. Es gibt Leute, die diese Informationen haben. Und in dem Moment bin ich darauf angewiesen, dass diese Menschen ihre Vertraulichkeitszusagen einhalten.

Ist Wikileaks noch zu retten?

Wikileaks ist ja schon häufiger totgesagt worden, und sie haben es immer geschafft, weiterzuexistieren. Aber sie haben definitiv Schaden erlitten. Wir müssen jetzt erst mal abwarten, was passiert. Ich denke, für jegliche Plattform sollte das erste Gebot Transparenz sein. Zu sagen, was sie machen, was ihre Software ist. Aber auch offenzulegen, was sie nicht gewährleisten können.

Wenn ein Whisteblower den Weg in die Öffentlichkeit sucht, was raten Sie?

Guten Gewissens empfehlen können wir die Leakingplattformen im Moment nicht. Besser ist es, sich zu überlegen: Gibt es einen vertrauenswürdigen Journalisten, der in dem Bereich schon einmal etwas gemacht hat? Das ist meiner Ansicht nach noch immer ein aussichtsreicherer Weg, als das Ganze anonym an eine Plattform zu schicken. Denn da hat man überhaupt keine Kontrolle mehr, keine Transparenz, was damit passieren wird.

46, Vorsitzender des Whistleblower-Netzwerks. Strack war als EU-Beamter selbst Whistleblower.

Aber verglichen mit den Früchten des investigativen Journalismus, hat Wikileaks sehr viel veröffentlicht.

Wikileaks hat auch viele gute Dinge bewirkt, aber die funktionieren ja längst nicht mehr so, wie sie es sich am Anfang vorgenommen haben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.