Why? mit neuem Album „Moh Lhean“: Kommt daher wie ein alter Freund

Der zaudernde kalifornische Indie-Rapper Why? ist wieder da. Und schlägt sich auf der Suche nach Seelenfrieden überraschend gut.

Yoni Wolf alias Why? sitzt lachend am Klavier

Leidet an Morbus Crohn: Yoni Wolf alias Why? Foto: Promo

Das muss man erst mal hinkriegen: Als Darling des Alternative-HipHop derart in Ungnade zu fallen wie Yoni Wolf. Der Rapper mit dem seltsamen Alias Why? bekam für sein Debütalbum „Alopeica“ und dessen eigenwillige Mischung aus Beats, Grummel-Rap, bittersüßem Crooning und pointiertem Songwriting viel Lob. Für die letzten Veröffentlichung „Mumps, Etc.“ (2008) setzte es dagegen harsche Kritiken – absolut berechtigt. Neues Spiel, neues Glück, jetzt erscheint ein neues Album, das murmelnd betitelte „Moh Lhean“.

Einen Exkurs zum Vorgänger braucht es an dieser Stelle trotzdem. Das Problem von „Mumps, Etc.“ war ja nicht der Sound. Der hatte die Qualitäten eines Grea­test-Hits-Albums, nicht ganz frisch, aber doch das Eigenständige weiter verfeinernd. Letzteres gilt auch für „Moh Lhean“, das darüber hinaus sogar einige klangliche Überraschungen bereithält. Und doch musste man Angst haben vor diesem neuen Album, wenn man Sympathien für den Künstler Why? hat. Was beim Vorgänger schiefgelaufen war, schien kein Versehen zu sein, sondern eine konsequente, wenn auch missglückte Weiterführung von Wolfs Methode. Noch mehr davon – und er hätte sich gründlich verrannt.

„Too much information“. Übersteigerter Mitteilungsdrang war stets Teil von Wolfs künstlerischem Programm. Früher hatte er jedoch aus seinen Lieblingsthemen Sex und Vergänglichkeit surreale Resonanzräume mit brutaler Selbstbeobachtung zuwege gebracht, die staubtrocken orchestriert waren. Bei „Mumps, Etc.“ wurde aus dem „Oversharing“ eine selbstmitleidige Nabelschau – was auch mit Wolfs Gesundheitszustand zu tun hatte. Er leidet an der Darmkrankheit Morbus Crohn.

Ende der Neunziger war Wolf Mitbegründer des richtungsweisenden Indie-HipHop-Labels Anticon und blieb in diverse Projekte involviert, so spielt er etwa bei der psychedelisch angehauchten Crew Clouddead. Bei Why? – erst trat er solo unter dem Namen auf, bald wurde eine Band daraus – fusionierte er dann auf schräge und eingängige Weise Folk- mit HipHop-Elementen. Aber das driftete mitunter ins Banalphilosophische: „I’ll hold my own death as a card in the deck / To be played when there are no other cards left“ (aus dem Song „As a card“). Geht das nicht allen Menschen so?

Inhaltlich versucht Why? mit dem aktuellen Werk tatsächlich etwas Neues: Das Fragezeichen sucht nach Seelenfrieden. Dies sorgt angesichts seiner sarkastischen Grundierung durchaus für produktive Reibung.

Why?: „Moh Lhean“ (Joyful Noise/Cargo)

„One Mississippi“ ist das Herzstück von „Moh Lhean“. Der Song beginnt ganz zart mit den Worten „Do not focus on the limp that’s missing“ und wächst sich zu einer Selbstbeschwörung aus: „I gotta submit to whatever it is in control, I know, I know“. Zum Ende hin franst es dann wieder aus. Das schwungvolle „Proactive Evolution“ entwickelt dagegen erst im Outro etwas Dräuendes. Einige Tracks beginnen in einem anderen Register, als sie enden. Das Album wirkt dadurch prozesshafter als alles, was Yoni Wolf zuvor gemacht hat.

Die Musik hat der Kalifornier komplett zu Hause eingespielt, koproduziert von seinem Bruder und Bandkollegen Joa­siah. Das bekannte, nun erweiterte collagenhafte Klangspektrum sorgt für Vertrautheit. Das klingt manchmal vorhersehbar, trotzdem lässt man sich Wolfs Versuch, sich aufgehobener zu fühlen, gefallen, denn er schafft damit zugleich eine psychedelisches Grundrauschen, in das man sich gerne fallen lässt („George Washington“).

Neue Fans wird Yoni Wolf mit „Moh Lhean“ vermutlich nicht gewinnen. Aber er zeigt sich wieder von seiner sympathischen Seite. Und schenkt seinen treuen Fans damit ein Album, das daherkommt wie ein alter Freund: Ein bisschen gemeinsam verbrachte Zeit erinnert die Hörerin daran, dass sie Why? doch ziemlich mag.

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