Wie das Regieren jetzt funktioniert: Auslandseinsätze gehen immer

Nach dem Scheitern von Jamaika muss sich der neue Bundestag vorerst mit der alten Bundesregierung arrangieren.

von der Leyen und Spahn

Geschäftsführer: Ursula von der Leyen und Jens Spahn während der Sitzung an der Regierungsbank Foto: dpa

BERLIN taz | Ursula von der Leyen versucht am Dienstag, eine Botschaft in die Welt zu senden. „Deutschland steht für Verlässlichkeit, meine Damen und Herren“, ruft die Verteidigungsministerin vom Rednerpult des Bundestags in den Plenarsaal und lässt danach eine Pause für den Applaus. In der ersten Sekunde klatscht blöderweise niemand und in der zweiten nur ein kleines Grüppchen von Abgeordneten, aber sie sagt ihren Satz einfach noch mal, diesmal mit mehr Nachdruck, und schon applaudiert der halbe Saal.

Am Ende ist die Botschaft also halbwegs geglückt: Es geht schon weiter mit Deutschland, auch ohne Jamaika.

So ist es. Eine neue Regierung ist zwar noch nicht in Sicht, aber die alte bleibt geschäftsführend im Amt. Zusammen mit dem neuen Bundestag hält sie den Laden am Laufen. Ein paar Wochen könnte dieser Zustand anhalten. Einen Vorgeschmack gibt es, als das Parlament am Dienstag seine erste reguläre Sitzung nach der Wahl abhält.

Sieben Bundeswehrmandate stehen in dieser Woche auf der Tagesordnung. Keine neuen Einsätze, sondern altbekannte, zum Beispiel in Afghanistan und Mali. Die bisherigen Mandate enden im Dezember und Januar. Weil bis dahin wohl keine neue Regierung steht, will die geschäftsführende Regierung sie schon jetzt verlängern – Stichwort Verlässlichkeit. Um einer möglichen neuen Regierung nicht vorzugreifen, ist die Laufzeit aber begrenzt: Die Regierung will die Mandate, mit unverändertem Inhalt, vorerst nur um drei Monate ausweiten.

Im Regierungsviertel läuft in diesen Tagen fast nichts wie gewohnt, die Debatte im Plenum aber schon. Als große Koalition werben von der Leyen (CDU) und Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) Seite an Seite für die Verlängerung der Mandate. „Wir dürfen bei der Bekämpftung des IS nicht nachlassen“, sagt Gabriel, als es um den Einsatz von Bundeswehr-Tornados über Syrien und dem Irak geht. „Es ist in unserem ureigensten Interesse, den Terror dort zu bekämpfen“, sagt die Verteidigungsministerin.

Linke hisst Fähnchen, Schäuble schimpft

Die Fraktionen der beiden, auch wenn sie in Zukunft keine Koalition mehr bilden sollten, sehen es genauso. Sie werden diesem und den sechs weiteren Mandaten voraussichtlich zustimmen.

Anders die geschäftsführende Opposition: Agnieszka Brugger von den Grünen findet militärische Schritte gegen den IS zwar grundsätzlich in Ordnung, lehnt das konkrete Mandat aber wegen Detailfragen ab. Sevim Dağdelen von der Linkspartei wiederum hält den Einsatz der Bundeswehr zwar für falsch, den Kampf der syrisch-kurdischen YPG-Miliz gegen den IS aber für richtig. Die Abgeordnete hat die Fahne der Miliz ausgedruckt, während ihrer Rede hält sie das Blatt in die Höhe. Der Bundestagspräsident schaut daraufhin grimmig und erteilt Dağdelen eine Rüge. Auch hier ist also alles wie gewohnt.

Bleiben noch die beiden neuen Fraktionen: Die Redner der FDP tragen an ihren Revers gelbe Schleifen, die ihre Solidarität mit den Soldaten der Bundeswehr symbolisieren. Zu den Mandaten signalisieren die ­Liberalen ihre Zustimmung. Und die AfD verhält sich wie erwartet: Sie provoziert mit rechten Sprüchen. „Man kann nicht glaubwürdig den IS als Feind erkennen, und zugleich pauschal verkünden, der Islam gehöre zu Deutschland“, findet der Abgeordnete Norbert Kleinwächter. Applaus aus der eigenen Fraktion, ein paar Buhrufe vom Rest.

Solche Beiträge sind für den Bundestag dann doch neu, die Sitzung läuft trotzdem weiter wie geplant: Die Ab­geordneten überweisen die Mandate in den Hauptausschuss. Die endgültige Abstimmung wird für nächste Woche erwartet.

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