Wikipedia gegen EU-Urheberrechtsreform: Kompletter Blackout

Die deutschsprachige Wikipedia wird am 21. März abgeschaltet. Die Autor:innen protestieren damit gegen die Urheberrechtsreform.

Ein zerschmetterter PC-Bildschirm liegt auf dem Boden

Der Bildschirm auf den Wikipedia-Seiten bleibt einen Tag lang schwarz Foto: Simson Petrol/Unsplash

BERLIN taz | Die deutschsprachige Wikipedia-Seite wird am 21.03.2019 abgeschaltet, aus Protest gegen die geplante EU-Urheberrechtsreform. Mit der Aktion will die Autorenschaft auch auf die europaweit geplanten Demonstrationen am 23. März aufmerksam machen. Denn Ende März stimmt das EU-Parlament über die umstrittene Reform von Artikel 11 und 13 ab. Nichtkommerzielle Wissenssammlungen wie die Wikipedia sind von der Gesetzesreform zwar ausgenommen, andere Schwesterprojekte der Online-Enzyklopädie wie „Wikimedia Commons“ könnten aber betroffen sein, wie die Gemeinschaft befürchtet.

In einer Umfrage auf der Online-Plattform stimmten über 80 Prozent der 167 beteiligten Wikipedia-Autor:innen für die komplette Blockade als Protestform. Abstimmen durften aktive Wikipedianer:innen mit mehr als als 200 Artikelbearbeitungen im letzten Jahr. Initiator ist ein Autor, der sich als Wirtschaftswissenschaftler, Technikfreak und Fan direkter Demokratie bezeichnet.

Bereits im vergangenen Herbst stimmten Autor:innen für ein Protest-Banner auf allen Artikeln der Wikipedia. Nachdem sich die EU-Verhandler Mitte Februar auf den Reformentwurf einigten, entschied sich die Gemeinschaft im Zuge der verschärften Debatten nun für die 24-Stunden-Blockade. Statt den Inhalten der Online-Enzyklopädie wird nun eine schwarze Seite zu sehen sein, mit einem Begründungstext: „Die geplante Reform könnte dazu führen, dass das freie Internet erheblich eingeschränkt wird. […] Dies könnte die Meinungs-, Kunst- und Pressefreiheit deutlich beeinträchtigen“.

Kritisiert wird zum einen, dass Plattformen „für minimale Textausschnitte aus Presseerzeugnissen Lizenzen erwerben“ müssten, wie es im Begründungstext heißt, um das in Artikel 11 geregelte Leistungsschutzrecht für Presseverleger einzuhalten. Darüber hinaus protestiert die Wikipedia neben anderen Verbänden, Bücherrechtsorganisationen und zivilen Personen verstärkt gegen die geplanten Upload-Filter in Artikel 13, die das Hochladen von Inhalten auf Internet-Plattformen einschränken könnten. Viele Menschen befürchten, dass große IT-Konzerne durch den Programmieraufwand für die Filter eine Monopolstellung erlangen werden. In der Erklärung zur Wikipedia-Umfrage bemängeln die beteiligten Autor:innen auch die Unklarheit in Bezug auf die Urheberrechtsinhaber – so könne jeder Mensch mit Smartphone potentiell zum Urheber werden.

Der Entscheidung zur Blockade der Wikipedia ging eine rege Diskussion voraus. Einige Autor:innen lehnten das nicht repräsentative „Meinungsbild“ ab oder wünschten sich einen einzelnen, erklärenden Artikel statt der schwarzen Seite. Eine Nutzerin schrieb: „Dass ‚die Wikipedia in Gefahr‘ sei, ist an den Haaren herbei gezogen. Im Gegenteil: Die Ausnahmen sind Wikimedia-Projekten geradezu auf den Leib geschnitten“. Welchen Erfolg die Aktion auf der Wikipedia-Seite im Rahmen der EU-Parlamentsabstimmung hat, wird sich zeigen. Alle Fragen an die Wissens-Enzyklopädie selbst müssen an diesem Tag warten.

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