Windows 8 und das Surface-Tablet: Microsofts gewagtes Spiel

Mit einem neuen Betriebssystem und eigener Hardware will Microsoft die Konkurrenz ausstechen. Doch die Änderungen könnten Nutzer verschrecken.

Quietschbunt: Der Surface-Tablet mit Windows 8. Bild: dpa

BERLIN taz | Für Microsoft-Chef Steve Ballmer dürften die kommenden Tage zu den wohl spannendsten seiner langen Karriere gehören. Der Softwarekonzern setzt mit dem am Freitag erscheinenden neuen Betriebssystem Windows 8 alles auf eine Karte. Die neue Software soll ein Befreiungsschlag gegenüber den erfolgreichen Angreifern von Google und Apple werden, die immer mehr dafür sorgen, dass die traditionelle Windows-PC-Nutzung zurückgeht.

Entsprechend ist Windows 8 ein Zwitterwesen. Da wäre zum einen eine neue Oberfläche, die besonders auf die Bedienung mit einem Tablet-Rechner optimiert ist. Sie enthält Kacheln, über die man Programme selektiert, Informationen abruft und den Rechner einstellt – Microsoft nutzt dieses System bereits bei seiner Handy-Software Windows Phone.

Das neue Design bringt auch neue Anwendungen mit, die eher wie iPad- oder Android-Software aussehen denn wie traditionelle Windows-Ware. Ein in Windows 8 eingebauter Software-Laden erlaubt das Auffinden, Kaufen und Installieren neuere Programme, wie man es von iPad und Android kennt.

Trotzdem soll ältere Software auch unter Windows 8 weiter funktionieren. Dazu bringt das Betriebssystem zusätzlich die alte Oberfläche mit, den sogenannten Desktop. Der sieht kaum anders aus als bei Windows 7 und dürfte besonders in Firmen viel Verwendung finden.

Ziemlich verwirrende Fensterwelt

Die Nutzerreaktionen auf Windows 8 sind bislang sehr unterschiedlich. Da gibt es diejenigen, die sich freuen, dass Microsoft endlich einmal etwas wirklich Neues wagt - die vollständig umgestaltete Oberfläche gilt ihnen als modisch zurückgenommen, sexy und gelungen. Dass Windows 8 auf Wunsch noch den alten Desktop mitliefert, hält diese Gruppe für einen Fehler, den radikalen Schnitt fänden sie besser. Doch es ist unklar, wie viele dieser Begeisterten es wirklich gibt – Microsoft hofft, sie sind zahlreich.

Doch Otto Normalnutzer dürfte erst einmal ziemlich verwirrt vor dieser neuen Fensterwelt sitzen, wie beispielsweise dieses Video demonstriert. Darin versucht der Vater des amerikanischen IT-Journalisten Chris Pirillo das Betriebssystem in seiner Vorabversion aus dem vergangenen Frühling aus – und scheitert bereits daran, wieder zum Desktop zurückzukommen.

Hier ist der Schnitt dann wiederum zu radikal: Die Mausgesten, die Windows 8 Nutzern ohne Touchscreen oder Trackpad abverlangt, sind nicht unbedingt selbsterklärend; dass die E-Mail-Software nun plötzlich bestimmte Funktionen nicht mehr enthält, weil sie für die neue Oberfläche angepasst wurde, verstehen alteingesessene User nicht. Klar ist schon jetzt: Sollte Windows 8 ein Erfolg werden, haben IT-Schulungen Hochkonjunktur.

Keine vollwertige Hardware

Neben der Windows-8-Einführung ist diese Woche auch noch aus einem anderen Grund wichtig für Microsoft. Der Konzern führt erstmals eigene Rechner-Hardware ein. Die Windows-8-Maschinen hören auf den Namen Surface und sind Tablets, die man mit einer andockbaren Tastatur versehen kann, wenn man längere Texte tippen möchte.

Die neuen Geräte sollen ab 480 Euro verkauft werden – allerdings nur in der sogenannten RT-Version, die keine vollwertige PC-Hardware darstellt und damit auch keine alten Anwendungen mehr ausführen kann. Erst später soll eine „Pro“-Version zu haben sein, die das nachreicht.

Interessant an Surface sind gleich mehrere Tatsachen. Zum einen wird Microsoft erstmals zum direkten Konkurrenten seiner wichtigsten Partner, der Hardware-Hersteller. Das sorgt in der Branche für Unmut. Zum anderen hat bislang noch niemand außerhalb Microsofts die Surface-Gerät im Echtbetrieb gesehen. Bei den bisherigen Presseterminen durften Reporter die Hardware nur von weitem sehen, aber nicht anfassen. Auch Vorabtests sind noch nicht durchgesickert. Entsprechend wird Surface neben Windows 8 ebenfalls eine spannende Geschichte.

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