Wirtschaftsminister besucht Vietnam: Geschäfte mit dem Kidnapperstaat

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier besucht mit einer Wirtschaftsdelegation Vietnam. Auf dem Programm fehlen Menschenrechtsfragen.

Der angeklagte Geschäftsmann Trinh Xuan Thanh wird von Polizisten zu einem Gericht gebracht.

Die Entführung von Trinh Xuan Thanh hatte die deutsch-vietnamesischen Beziehungen gestört Foto: dpa

BERLIN taz | Als das Deutsche Haus in Ho-Chi-Minh-Stadt im September 2017 eingeweiht wurde, fehlte deutsche Politikprominenz. Der Grund: Zwei Monate zuvor hatte der vietnamesische Geheimdienst den Ex-Politiker Trinh Xuan Thanh mitten in Berlin entführt und ihn bis nach Hanoi verschleppt. Wegen dieses Völkerrechtsbruchs lagen die deutsch-vietnamesischen Beziehungen auf Eis.

Diese Woche nun wird die Einweihung des Deutschen Hauses nachgeholt. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) reist dazu mit einer deutschen Wirtschaftsdelegation nach Vietnam. Es gibt einen Akt, als wäre das Haus gerade eröffnet worden. In dem für seine ökologische Bauweise ausgezeichneten Gebäude sitzen das deutsche Generalkonsulat und Repräsentanzen deutscher Firmen in dem südostasiatischen Boomland.

Der Altmaier-Besuch steht im Zeichen der Normalisierung der neuen deutsch-vietnamesischen Beziehungen. Letzten November hatte die Bundesregierung klammheimlich die sogenannte „strategische Partnerschaft“ zwischen beiden Staaten wiederbelebt. Das geschah auf Drängen der deutschen Wirtschaft, die in dem Land nach Aufträgen giert.

Weil in Vietnam vieles aber staatlich reglementiert ist, gibt es Aufträge für deutsche Firmen oft nur, wenn die Wirtschaftsbosse gemeinsam mit Politprominenz ins Land reisen und dann zusammen auch vietnamesische Politiker treffen. Auf Altmaiers Terminplan stehen darum Treffen mit Vietnams Ministerpräsident Nguyen Xuan Phuc, mit zwei Ministern, ein Business Roundtable und Unternehmensbesuche.

Grüne hatten Blick auf Menschenrechte gefordert

Über ein Treffen mit vietnamesischen Menschenrechtsverteidigern ist nichts bekannt. Genau das haben die Grünen gefordert, offenkundig vergeblich. Das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit würden „systematisch und willkürlich beschränkt“, schrieben sie an Altmaier.

Die Normalisierung der Beziehungen geschah von deutscher Seite auch in der Erwartung, dass Vietnam den zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilten Trinh Xuan Thanh begnadigt und zu seiner Familie nach Berlin zurückschickt. Ende 2018 hatten sich wirtschaftsfreundliche Kräfte in der vietnamesischen Politik dafür starkgemacht. Doch sie konnten sich im innervietnamesischen Machtkampf nicht durchsetzen, wohl auch, weil Deutschland zu schnell zur Normalität zurückgekehrt war.

Möglicherwiese hat Vietnam in diesem Jahr erneut einen vietnamesischen Staatsbürger aus dem Ausland entführt. Der Blogger Truong Duy Nhat verschwand im Januar im thailändischen Exil, wo er Asyl beantragt hatte. Letzte Woche tauchte er wieder auf: in einer vietnamesischen Haftanstalt. Die Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen fordert von Hanoi eine Erklärung, wie er dort hinkam.

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