Wirtschaftspolitik in den USA: In der Blockadefalle

Barack Obama muss mit Staatsausgaben die Wirtschaft ankurbeln. Das mahnende Beispiel Europa könnte auch die Republikaner überzeugen, die bisher alles abblockten.

Wenn der „American Dream“ zum Albtraum wird: Camden in New Jersey hat die höchsten Arbeits- und Obdachlosenraten der USA Bild: dapd

BERLIN taz | Immerhin, das Schlimmste ist verhindert. Die Republikaner hatten für die US-Wirtschaftspolitik ganz klare Ziele: Sie wollten die Bankenregulierung abschwächen – und sie wollten die Steuern für die Reichen noch weiter senken. Stattdessen müssen die Republikaner nun damit leben, dass sie nicht nur die Präsidentschaftswahl verloren haben, sondern auch bei einer entscheidenden Senatswahl unterlagen: Für Massachusetts wird jetzt Elizabeth Warren in den Kongress einziehen.

Warren ist die wohl bekannteste Bankenkritikerin der USA. Sie verkörpert, dass der American Dream manchmal doch wahr wird: Sie wurde als viertes Kind einer Arbeiterfamilie in Oklahoma-City geboren – und ist heute Juraprofessorin in Harvard. Ihr Sieg in Massachusetts kann als Symbol dafür gelten, dass die Republikaner an wirtschaftspolitischem Einfluss verloren haben.

Das ist ein Fortschritt, wird aber die wirtschaftspolitischen Probeme der USA nicht lösen. Denn die Republikaner stellen im Repräsentantenhaus weiterhin die Mehrheit. In den vergangenen zwei Jahren führte dies zur Dauerblockade, so dass US-Präsident Barack Obama fast gar keine Wirtschaftspolitik betreiben konnte, obwohl die Zahl der Arbeitslosen lange Zeit alarmierend hoch blieb.

Wenn sich die US-Wirtschaft dennoch leicht erholt hat, so lag dies ausschließlich an der US-Notenbank Fed. Sie pumpte etwa 1,5 Billionen Dollar in die Wirtschaft, um die Kreditzinsen nach unten zu drücken. Diese Strategie des quantitative easing hat fraglos funktioniert, war aber trotzdem nur ein Behelf. Um es technisch auszudrücken: Die Geldpolitik einer Notenbank kann die Fiskalpolitik einer Regierung nicht ersetzen.

Das Zinsparadox

Das heißt: Selbst niedrige Zinsen führen nicht automatisch dazu, dass Firmen Kredite aufnehmen, um in ihre Produktion zu investieren. Sie müssen ihre Waren auch verkaufen können. In der Wirtschaftsflaute aber fehlen die Kunden. Also kann die scheinbar paradoxe Situation auftreten, dass Firmen selbst dann keine Kredite aufnehmen, wenn die Zinsen bei null sind.

Genau in dieser Falle haben sich die USA monatelang befunden. Eigentlich hätte Barack Obama schon in seiner ersten Amtsperiode Fiskalpolitik betreiben und ein Konjunkturprogramm auflegen müssen, um Nachfrage zu erzeugen. Doch das haben die Republikaner torpediert und stattdessen einen Sparkurs erzwungen. Jetzt steuern die USA auf eine „Fiskalklippe“ zu. Wenn es nicht zu Kompromissen zwischen Republikanern und Demokraten kommt, treten automatisch Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen in Kraft, die etwa 5,1 Prozent der US-Wirtschaftsleistung entsprechen. Dies würde direkt in eine erneute Rezession führen.

Abschreckendes Beispiel Eurozone

Entsprechend alarmiert sind die Demokraten, die offenbar vor allem auf eine Hoffnung setzen: auf das abschreckende Beispiel der Eurozone und den Nationalstolz der Amerikaner. Wie man beides verbindet, machte der ehemalige Arbeitsminister Robert Reich am Mittwoch in einem Interview mit dem Fernsehsender CNN vor. Er warnte davor, „die katastrophale Austeritätspolitik der Europäer“ zu wiederholen, die den gesamten Kontinent „in den Abgrund“ stürzen würde. Vielleicht verfängt dieses Argument bei den Republikanern ja tatsächlich. Denn für viele von ihnen sind die Europäer „Kommunisten“, deren Politik sowieso nur falsch sein kann.

Doch ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sich der amerikanische Nationalstolz bei einem anderen Thema ausleben wird: bei der Energieversorgung. Für die Republikaner war es im Wahlkampf ein Dauerthema, dass sich die USA von den Ölimporten aus „feindlichen Staaten“ befreien müssten. In seiner Siegesrede hat Obama dieses Thema explizit aufgegriffen und versprochen, die USA „weniger abhängig vom Öl“ zu machen. Dies könnte eine Chance sein, erneuerbare Energien landesweit durchzusetzen. Doch ist zu befürchten, dass stattdessen die Bohrungen in Nationalparks zunehmen. Denn Öl wird ja vor allem benötigt, damit jeder Amerikaner billig Auto fahren kann. Da helfen Solarpaneele oder Windparks nicht weiter.

Auch wenn der nationalistische Unterton beim Thema Öl verwundert – dieses Thema wird bleiben und die Zukunft der USA entscheiden. Denn Öl wird knapp, selbst wenn man keine Rücksicht auf die Natur nimmt. Gleichzeitig sind in den Vereinigten Staaten Wirtschaft und Infrastruktur auf diesen einen Energieträger ausgerichtet. Doch für eine echte Energiewende haben auch die Demokraten kein Konzept.

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