ZDF-Sommerinterview mit AfD-Gauland: Keine Ahnung

Nimmt man der AfD das Lieblingsthema Flüchtlinge weg, hat sie erstaunlich wenig zu sagen. Das beweist erneut der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland.

Alexander Gauland sitzt gegenüber von Thomas Walde

Kritisch schauen kann Gauland, aber bei kritischen Nachfragen kommt wenig bis nichts Foto: dpa

Zu vielen drängenden Problemen hat die AfD offenbar nichts zu sagen. „Da kann ich Ihnen im Moment keine Antwort darauf geben.“ „Nein, das kann ich Ihnen nicht erklären.“ „Ich bin kein Fachmann für diese Fragen.“ Das sind Äußerungen, die der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland am Sonntagabend im ZDF-Sommerinterview am Potsdamer Tiefen See gab.

Trotz ihrer Inhaltsleere sagen sie sehr viel über Gauland und seine Partei aus. Gefallen sind sie nämlich als Antworten auf Fragen zu den Themen Wohnungsmarktpolitik und Digitalisierung. Auch bei anderen Themen war Gauland blank – dabei hatte ihm dieses Mal niemand seine Kleidung geklaut.

Nimmt man der AfD ihr Lieblingsthema Flüchtlinge weg, wird die Partei oft erstaunlich kleinlaut. Dies war schon im Juni dieses Jahres zu beobachten, als AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel in einem WDR-Interview zu vielen politischen Fragen keine konkreten Positionen liefern konnte. Mindestlohn? Bürgerversicherung? Pendlerpauschale? Schusswaffen für Bürger? Da gebe es keine „Grundhaltung“, das müsse noch ein Parteitag entscheiden.

Noch peinlicher wurde es für die Rechtspopulisten jetzt im ZDF. Auf die Digitalisierungsstrategie der Partei angesprochen wurde, erklärte Gauland zunächst, dass er „keine enge Beziehung zum Internet“ pflegen würde. Von einer Strategie könne „nicht die Rede sein“.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Damit nicht genug: Gauland behauptete gar, die FDP hätte das Thema Digitalisierung erfunden, im Parlament würde zwar ganz viel darüber geredet, aber keiner könne wirklich erklären, was das sei. Für den Fraktions- und Parteivorsitzenden der größten Oppositionspartei im Bundestag ist das eine bemerkenswert erbärmliche Aussage. Zu einer zentralen Frage, die verschiedene Politikfelder umfasst, hat Gauland kein einziges Argument.

Sie scheint ihm so egal zu sein, dass er sich dazu nicht einmal von Beratern briefen lässt, um wenigstens den Anschein von Kenntnisreichtum zu erwecken. Das ist tatsächlich überraschend – im Gegensatz zu erwartbaren Aussagen zum Klimawandel, zu dem Gauland anmerkt, man könne dazu gar keine Lösungsvorschläge bringen, da die Menschen nichts Wesentliches dazu beitragen würden.

Verschwörungsfantasien wegen Protest

Mitten im Interview sind plötzlich drei Störer zu hören, die an der Uferpromenade stehen. „Gauland, die Schande, im Herzen von Potsdam“ rufen sie. Tatsächlich ein ungewöhnlicher Anblick für ein Sommerinterview – für die AfD jedoch anscheinend noch mehr. Die AfD-Bundestagsabgeordnete Nicole Höchst retweetet einen Post über „GEZ-finanzierte linke Vollpfosten“. „Die Bewertung der Gesprächsführung des Moderators und der Zwischenrufer bleibt Ihnen überlassen…“, raunt der offizielle Parteiaccount @AfD.

Der Abgeordnete Harald Weyel twittert von „staatlich anerkannten ZDF-Kabelträgern.“ Und der Abgeordnete Dirk Spaniel behauptet sogar: „Staatsfunk goes Antifa.“ Die Demonstranten hatten zwar tatsächlich nichts Substanzielles mitzuteilen, müssen in einer Demokratie aber selbstverständlich ausgehalten werden. Peinlich, dass der Partei dazu nicht mehr einfällt als Verschwörungsfantasien.

Zum Thema Rente kann Gauland ebenfalls kein konkretes Konzept liefern – die Positionen zwischen dem wirtschaftsliberalen und dem national-sozialen Flügel in der Partei liegen schließlich meilenweit auseinander. Fünfeinhalb Jahre nach Gründung kann sich Gauland allerdings nicht mehr mit der Aussage der „jungen Partei“ herausreden – und muss gegenüber dem kritisch nachhakenden ZDF-Journalisten Thomas Walde eingestehen, er habe bei diesem Thema noch keine Alternative.

So zeigte sich: Auf Provokation ausgerichteter Populismus kann oft allein dadurch entlarvt werden, zu konkreten Positionen gezielt nachzufragen. Da Walde dies vorbildlich gelang, konnte Gauland nur noch seine Konzeptlosigkeit referieren.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.