Zentralafrikanische Republik: Französische Soldaten erschossen

Die Hauptstadt Bangui kommt trotz des französischen Militäreinsatzes nicht zur Ruhe. Über eine halbe Million Menschen sind auf der Flucht.

Sollen für Frieden in Bangui sorgen: französische Soldaten. Bild: ap

BERLIN taz | Die französische Militärintervention in der Zentralafrikanischen Republik schafft es nicht, die Gewalt zwischen regierungstreuen und regierungsfeindlichen Milizen einzudämmen. Am Dienstagvormittag kam es in der Hauptstadt Bangui nach Augenzeugenberichten zu massiven Plünderungen von Häusern, Geschäften und Moscheen der muslimischen Minderheit

Verübt wurden sie offenbar durch die christlichen Milizen Anti-Balaka, die dem im vergangenen März gestürzten Präsidenten Francois Bozizé nahestehen. Als Reaktion darauf rückten auch Kämpfer der regierenden Rebellenallianz Seleka, deren Kern sich aus muslimischen Volksgruppen rekrutiert, wieder massiv in Bangui aus, nachdem sie sich am Vortag aus dem Stadtbild zurückgezogen hatten.

Am Montag hatten die französischen Eingreiftruppen in Bangui zahlreiche Seleka-Kämpfer verhaftet und entwaffnet, darunter kurzzeitig auch ihren Generalstabschef sowie einen ihrer mächtigsten Militärkommandanten, General Noureddine Adam. Dies ermutigte jetzt die Anti-Balaka, wieder Muslime zu jagen. Das war bereits am Donnerstag vergangener Woche der Fall gewesen, als ein koordinierter Angriff der christlichen Milizen in Bangui rund 400 Tote gefordert und die Vorverlegung der französischen Militärintervention erzwungen hatte.

Frankreich scheint zumindest in der Anfangsphase seines Einsatzes härter gegen die Seleka vorzugehen als gegen die Anti-Balaka, was einer Parteinahme gegen die Regierung der Zentralafrikanischen Republik gleichkommt. Einer der führenden Politiker der Anti-Balaka, der frühere Unternehmensminister Joachim Kokaté, erklärte in einem Interview, alle Zentralafrikaner sollten jetzt „mit der französischen Armee, die das Land sichert, zusammenarbeiten“.

„Es gibt keine Patrouillen bewaffneter Gruppen mehr in Bangui; die Bevölkerung wird nicht mehr bedroht“, hatte Frankreichs Armeesprecher Giolles Jaron am Montagabend in Paris gesagt, wohl etwas voreilig. Gemäß dieser Linie aber waren am Dienstag früh keine französischen Soldaten mehr auf Banguis Straßen zu sehen, berichteten Augenzeugen.

Hinterhalt in Bahnhofsnähe

In der Nacht zum Dienstag waren zwei französische Soldaten einer Fallschirmspringereinheit in einem Hinterhalt erschossen worden. Nach offiziellen Angaben wurde ihre Patrouille nahe dem Flughafen von Bangui um Mitternacht aus nächster Nähe beschossen, als sie aus ihren Fahrzeugen stieg, um Berichten über einen bewaffneten Zwischenfall nachzugehen. Die Angreifer entkamen unerkannt. Am Dienstagmittag kam es zum Schusswechsel zwischen Seleka-Kämpfern und französischen Einheiten im Stadtzentrum.

Eigentlich wollte Frankreichs Präsident François Hollande auf dem Rückweg von der Trauerfeier für Nelson Mandela in Südafrika in Bangui Station machen – ein riskanter Plan angesichts der explosiven Lage. Problematisch ist in der zentralafrikanischen Hauptstadt nicht nur die militärische, sondern auch die humanitäre Situation. Allein in Bangui sind nach Angaben des Roten Kreuzes 108.000 Menschen auf der Flucht und sammeln sich an zwanzig verschiedenen Orten, meist religiösen Stätten.

Im ganzen Land beträgt die Zahl der Vertriebenen nach UN-Schätzungen 533.000, mehr als ein Zehntel der Gesamtbevölkerung. Hilfswerke schaffen es nur unzureichend, die Vertriebenen zu erreichen und zu versorgen.

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