Zukunft des Verbrennungsmotors: Leiser Abschied vom 2030-Ziel

Eigentlich wollen die Grünen ab 2030 nur noch abgasfreie Neuwagen zulassen. Doch die Spitzenkandidaten machen das lieber nicht zur Koalitionsbedingung.

Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt schieben grüne Fahrräder

Wenigstens bei diesem Verkehrsmittel sind sich alle Grünen einig: Fahrräder sind toll Foto: dpa

BERLIN taz | Die Grünen machen ihr Ziel, ab 2030 nur noch emissionsfreie Neuwagen zuzulassen, nicht zu einer harten Koalitionsbedingung. Spitzenkandidat Cem Özdemir vermied am Montag nach einer Parteivorstandsklausur trotz mehrfacher Nachfragen von Journalisten eine Festlegung auf diese Jahreszahl. Er sagte lediglich: „Die nächste Bundesregierung muss den Einstieg in den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor beschließen.“ Dieses Ziel sei für Grüne nicht verhandelbar.

Einstieg in den Ausstieg – das ist eine verhältnismäßig weiche Formulierung. Am Wochenende hatte die Debatte über die Zukunft des Verbrennungsmotors im Wahlkampf Fahrt aufgenommen. CSU-Chef Horst Seehofer hatte der Funke Mediengruppe gesagt, ein Verbot des Verbrennungsmotors lege „die Axt an die Wurzel unseres Wohlstands“. Der Motor sei in Koalitionsgesprächen für die CSU nicht verhandelbar. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bezeichnete den Verbrenner als Brückentechnologie, die es noch Jahrzehnte brauche.

Die Grünen-Spitze baut dazu nun eine rhetorisch scharfe Gegenposition auf. Gleichzeitig vermeidet sie es aber, rote Linien für eine mögliche Koalition zu definieren. So will sie flexibel für Verhandlungen zu bleiben. Nach aktuellen Umfragen ist ein Bündnis mit der Union die einzige Machtoption der Grünen.

Die Aufstellung sei nun klar, betonte Özdemir. Die Grünen seien die einzige Partei, die Städte und Luft sauber bekommen, die Klimaschutzziele einhalten und die Arbeitsplätze in der Autoindustrie erhalten wolle. „Die Voraussetzung, dass 2030 möglich ist, die müssen in der nächsten Legislaturperiode eingeleitet werden.“

Kampf mit Vorgeschichte

Der Kampf um das 2030-Ziel hat bei den Grünen eine längere Vorgeschichte. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hält es für einen „Schwachsinnstermin“, weil das Ende des Verbrenners nicht punktgenau vorhersagbar sei. Grüne Klimaschutzexperten sind der Ansicht, dass die Autoindustrie nur mit harten politischen Ansagen in Bewegung gesetzt werden könne. Das 2030-Ziel steht im offiziellen Wahlprogramm der Grünen.

Dennoch hätten Özdemir und Katrin Göring-Eckardt in der heißen Wahlkampfphase am liebsten auf die umstrittene Zahl verzichtet. Ein 10-Punkte-Plan, der maßgeblich aus ihrer Feder stammte, erwähnte das 2030-Ziel im Mai nicht. Auf dem Grünen-Parteitag im Juni erlitten sie eine Schlappe. Die Delegierten stimmten das Ziel in den 10-Punkte-Plan hinein, gegen Özdemirs und Göring-Eckards Willen.

Im Umfeld der Spitzenkandidaten hieß es am Montag, Özdemirs Ansage sei sehr wohl hart. Schließlich fordere Seehofer, den Verbrennungsmotor nicht anzutasten – dies hätten die Grünen aber vor. Außerdem wurde auf eine Formulierung in dem 10-Punkte-Plan verwiesen. Darin heißt es: Wer mit den Grünen koalieren wolle, der müsse bei diesen Vorhaben „entschieden“ mit ihnen vorangehen. Diese Wörter öffnen in der Tat Spielräume. Was „entschieden“ ist und was nicht, ist schließlich Interpretationssache.

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