„Bislang hat sich kein Fall bestätigt“

Die Überprüfung von Embargofällen erfolge nach einem genau festgelegten Verfahren, sagt Dietmar Jarkow, Geschäftsführer des Jobcenters Neukölln. Wieso im Fall Mohamed H. nicht alles rechtens lief, weiß er nicht

taz: Herr Jarkow, was genau ist ein Embargofall?

Dietmar Jarkow: Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat nach den Anschlägen in New York 2001 eine Liste von Personen erstellt, gegen die der Verdacht besteht, dass sie selbst Terroristen sind oder Terror unterstützen. Gegen diese Personen werden finanzielle Sanktionen verhängt. Die EU hat dies in einer Reihe von Verordnungen geregelt. Als Embargofall bezeichnen wir jemanden, bei dem der Verdacht besteht, dass er mit einer der Personen auf dieser Liste identisch ist. Worum es dabei genau geht und wer davon betroffen ist, steht auf der Homepage der Bundesbank.

Auf den Webseiten der Arbeitsagenturen oder Jobcenter?

Dort finden Sie das nicht.

Aber diese Einrichtungen sind doch für die Betroffenen zuständig?

Nicht nur. Wir sind ja nur eine von vielen Stellen, die entsprechende Leistungen auszahlt. Auch die Banken überprüfen im normalen Zahlungsverkehr, ob Empfänger auf der Liste stehen.

Es können also auch Konten gesperrt werden?

Es können natürlich Konten gesperrt werden, es gibt ja verschiedene Zahlungswege. Bei Überweisungen überprüft die Empfängerbank, bei Schecks die Postbank. Unterliegt der Empfänger der Embargoüberwachung, friert die Bank die Leistung ein.

Wie viele solcher Embargofälle haben Sie hier im Jobcenter Neukölln?

Wir zählen die Fälle nicht, aber das ist im Schnitt einer pro Woche. Also seit es das Jobcenter gibt, etwa 50 Fälle hier in Neukölln.

Und wer sagt Ihnen, dass diese Menschen sich der Beteiligung am Terrorismus verdächtig gemacht haben?

Ich muss noch mal klarstellen: Embargofall bedeutet nur, dass der Name, den die entsprechende Person trägt, auf einer dieser Listen steht. Es bedeutet nicht, dass diese Person als Terrorist überführt wurde.

Aber es muss Ihnen hier im Jobcenter ja zunächst mal jemand sagen, dass der Name überhaupt auf der Liste steht. Oder haben Sie die Listen?

Nein, wir haben die Listen nicht. Wir werden darüber durch die Bundesagentur für Arbeit informiert.

Und woher hat sie die Namen?

Das hängt vom Zahlungsweg beziehungsweise der Empfängerbank ab. Wenn wir einen Scheck ausstellen, dann ist die Postbank dafür zuständig. Die Postbank teilt der Bundesagentur für Arbeit mit, wenn sie einen Verdachtsfall festgestellt hat. Die Bundesagentur für Arbeit informiert dann uns in den Jobcentern, und wir müssen die entsprechende Person informieren.

Die dann keine Leistungen mehr bekommt. Was können die Betroffenen tun?

Sie haben die Möglichkeit, sich durch einen Antrag bei der Bundesbank von diesen Sanktionen befreien zu lassen. Das steht auch in unserem Anschreiben. Außerdem erfolgt die Prüfung meist sehr schnell innerhalb weniger Tage.

Das Anschreiben an Mohamed H. enthält diese Informationen nicht. Kann es sein, dass die Sachbearbeiterin nicht entsprechend informiert war?

Normalerweise sind unsere Mitarbeiter informiert. Ich weiß nicht, was bei dieser einen Person letztendlich dazu geführt hat, dass das so formuliert wurde.

Was ist aus den bisherigen Neuköllner Verdachtsfällen geworden?

Ich habe keinen Hinweis, dass sich je ein Verdacht in Neukölln bestätigt hat. Ich weiß aber, dass es in anderen Bezirken bestätigte Verdachtsfälle gab.

INTERVIEW: ALKE WIERTH

Hinweis: DIETMAR JARKOW ist der Geschäftsführer des Jobcenters in Neukölln.