„Investoren sollten mit ihrem Geld haften“

HANS-JOACHIM VOTH, 39, ist Professor für Volkswirtschaft an der Uni Pompeu Fabra in Barcelona und ein gefragter Finanzmarktberater.

taz: Herr Voth, wenn sich Finanzinvestoren verteidigen wollen, vergleichen sie sich gerne mit einem Hauskäufer: Der nimmt ja auch Kredite auf, um sein Haus zu finanzieren.

Hans Joachim Voth: Ja, aber der Hauskäufer will sein Haus nicht nach fünf Jahren wieder mit großem Gewinn verkaufen. Passender wäre das Bild vom Lottospieler. Der Kauf einer Firma auf Pump ist vergleichbar mit dem Kauf eines Lotteriescheins: Im Durchschnitt verliert man, aber der Einsatz ist klein. Hat man mal Glück, ist der Geldregen groß. Wenn man einer Firma viele Schulden aufbürdet, geht das häufig schief. Für die Investoren ist das nur ein kleines Problem, da sie nur wenig eigenes Geld reingesteckt haben. Das Problem haben nur die Arbeitnehmer, Zulieferer, Banken und Kommunen.

Warum gehen die Geschäfte häufig schief?

Weil das Überleben der Firma entbehrlich für die Rendite der Investoren sein kann. Ein paar richtig erfolgreiche Investitionen reichen, um auch bei zahlreichen Pleiten für gute Renditen der Fonds zu sorgen. Und diese Investoren denken oft nur in kurzfristigen Zeiträumen. Am Anfang können sie oft noch große Gewinne aus den Unternehmen ziehen. Da geht es an die stillen Reserven. Investitionen und Forschungsausgaben können zusammengestrichen werden. Die Probleme zeigen sich später. Eine gut geführte Firma muss bei ihren Investitionen 15 bis 20 Jahre in die Zukunft schauen. Vieles mag kurzfristig schlecht für die Rendite sein, sich aber langfristig rechnen. Finanzinvestoren ist es dagegen oft egal, was in 20 Jahren ist.

Wie kann man sie dazu bringen, langfristiger zu denken?

Über das Steuerrecht zum Beispiel. Früher gab es in Deutschland zwar höhere Steuersätze für Unternehmen, aber auch große Abschreibungsmöglichkeiten für Investitionen. Wenn ein Unternehmen Steuern sparen wollte, hat es seine Gewinne investiert. Ausschüttungen an die Eigentümer waren viel weniger attraktiv. Doch dann hat die Regierung die Unternehmensteuern gesenkt, Abschreibungen eingeschränkt und so die Praxis des schnellen Geldrausziehens deutlich erleichtert.

Könnte man die Finanzinvestoren auch direkt regulieren?

Klar. Man könnte ihnen vorschreiben, einen Mindestanteil an eigenem Geld einzubringen, wenn sie eine Firma kaufen wollen. Zum Beispiel 30 Prozent vom Kaufpreis. Das ist machbar, hat aber praktische Hürden.

Was würde das bringen?

Wenn die Investoren wissen, dass sie auch ihr eigenes Geld verlieren können, verhalten sie sich ganz anders. Sie gehen dann weniger Risiko ein und sind eher am Erhalt der Firma interessiert, so wie das eigentlich für einen verantwortlichen Eigentümer selbstverständlich sein sollte.