Nadelstiche gegen das Empire

Lateinamerikas Linksregierungen werden immer selbstbewusster. Dabei überrascht vor allem Brasilien, das sich jetzt endgültig an der „Bank des Südens“ beteiligen will

PORTO ALEGRE taz ■ Die Linksregierungen Südamerikas werden mutiger – und haben jüngst eine ganze Reihe von Maßnahmen gegen die traditionelle Bevormundung der Region durch die USA beschlossen. Ungewohnt offensiv zeigte sich Brasilien: Es wird sich an der „Bank des Südens“ beteiligen und schließt weitere Patentbrüche bei teuren Medikamenten nicht aus (siehe oben).

Auf einem Gipfel der „Bolivarianischen Amerika-Alternative“ (Alba) in Venezuela verkündete Boliviens Präsident Evo Morales den Rückzug seines Landes vom Weltbank-Schiedsgericht für Investitionsfragen. Dieses pflegt Dispute zwischen westlichen Multis und Ländern des Südens zulasten Letzterer zu entscheiden. Morales-Berater Pablo Solón: „Für diese Fragen brauchen wir unparteiische, transparente und öffentliche Gerichte.“

Der Alba, die Hugo Chávez als soziales Gegenprojekt zur 2005 gescheiterten Freihandelszone von Alaska bis Feuerland lanciert hatte, gehören mittlerweile Venezuela, Kuba, Bolivien und Nicaragua an. Chávez will die Mitgliedschaft Venezuelas bei IWF und Weltbank kündigen und besiegelte die staatliche Kontrolle über die Erdölmultis im Orinoco-Becken. Alba-Kandidat Ecuador sagte die Teilnahme an gemeinsamen Manövern mit den US-Streitkräften im Pazifik ab.

Im Juni gründen sechs Länder eine südamerikanische Entwicklungsbank. Neben Argentinien, Bolivien, Ecuador, Paraguay und Venezuela ist nun auch Brasilien mit von der Partie. Mit der „Bank des Südens“ würden sich die Länder zunächst auf die Finanzierung von Entwicklungsprojekten konzentrieren und später auf einen Stabilisierungsfonds gegen Finanzkrisen, so der brasilianische Finanzminister Guido Mantega. Sein venezolanischer Kollege Rodrigo Cabezas versprach: „Wir werden uns von den alten Methoden der multilateralen Institutionen trennen.“ GERHARD DILGER