Belgien vor Rechtswende

Linksliberale Koalition punktet bei frankophoner Wählerschaft, verliert aber insgesamt stark

BRÜSSEL dpa ■ Belgien steht höchstwahrscheinlich vor einem Regierungswechsel. Bei den gestrigen Parlamentswahlen musste die linksliberale Koalition von Premier Guy Verhofstadt nach ersten Ergebnissen in kleineren Gemeinden spürbare Verluste hinnehmen. Zwar blieben die beiden Regierungsparteien bei der frankophonen Wählerschaft in Führung, verloren aber gegenüber 2003 insgesamt deutlich. Wie schon Umfragen vorhergesagt hatten, legten Christdemokraten und Rechtsextreme auch nach vorläufigen Trends aus Flandern deutlich zu. Völlig offen war zunächst, welche Koalition das Land künftig regieren wird. Keine Partei wird allein eine Mehrheit erringen können.

Die Koalition aus Liberalen und Sozialisten (PS) regiert Belgien seit 2003. Vier Jahre zuvor hatten diese Parteien mit Hilfe der Grünen die Vorherrschaft der Christdemokraten beendet. Die Gemeinsamkeiten von Liberalen und PS schienen nach acht Jahren Koalition weitgehend aufgebraucht. Vor allem im Süden, in der Wallonie, führten die Liberalen der MR einen heftigen Wahlkampf gegen die PS geführt. Die frankophone PS ist in der Industriestadt Charleroi tief in eine Affäre um Vetternwirtschaft verstrickt. Dennoch kommt die PS dort nach ersten Einschätzungen offenbar auf 31 Prozent.

Zugewinne durften nach Umfragen vor allem die flämischen Christdemokraten CD & V und der offen ausländerfeindliche Vlaams Belang erwarten. Die CD & V des flämischen Premiers Yves Leterme konnte auf annähernd 30 Prozent der Stimmen hoffen. Die Grünen möchten nach ihrer Niederlage von 2003 wieder ins Parlament zurückkehren.