Rechtsradikalismus: Von der NPD-Demo zurück in die Union

Promianwalt Diestel verteidigt CDU-Jungpolitiker, die bei einer NPD-Demo erwischt wurden. Seine Parteifreunde im Nordosten sind empört.

NPD-Demo in Neubrandenburg am 1. Mai 2007 Bild: ap

BERLIN taz Ginge es nach den Parteioberen, dann wäre diese Affäre bereits vor zwei Monaten beendet worden. Die CDU hätte zwei Nachwuchskräfte aus Mecklenburg-Vorpommern gefeuert - und sie wäre den hässlichen Verdacht los gewesen, dass die Grenze zwischen Junger Union und NPD an einigen Stellen unklar ist. Doch aus der schnellen Trennung wird nichts. Denn der prominente Anwalt Peter-Michael Diestel hat das Mandat für die zwei jungen Männer übernommen, die am 1. Mai als JU-Mitglieder beim NPD-Aufmarsch in Neubrandenburg mitliefen.

Diestel, selbst CDU-Mitglied, letzter DDR-Innenminister und vor kurzem als Anwalt des Radprofis Jan Ullrich in den Schlagzeilen, will nicht nur den bevorstehenden Rauswurf des ehemaligen Wismarer JU-Vorsitzenden Jan Paulenz verhindern. Mittelfristig wolle er zudem dessen aus der Partei ausgetretenem Kumpel Jens-Holger Schneider den Rückweg in die CDU bahnen, kündigte Diestel im Gespräch mit der taz an. Schließlich hätten die beiden JUler nur an einer "genehmigten Demonstration" teilgenommen. Das sei "keine rechtswidrige Handlung".

Eine Argumentation, die Diestels Parteifreunde im Nordosten empört. "Wer bei den Feinden der Demokratie an einer Demonstration teilnimmt, der hat in der CDU nichts zu suchen", sagt Ulrich Born, als Chef des Kreisverbands Nordwestmecklenburg für das laufende Ausschlussverfahren gegen Paulenz zuständig. Die Trennung sei unvermeidbar. "Das wird das Parteigericht auch so sehen."

Der Fall der beiden umtriebigen JUler hatte im Juni bundesweit für Aufsehen gesorgt. Denn ein im Internet verbreitetes Video des NPD-Aufmarschs dokumentiert: Im Pulk zwischen Trommlergruppe und fahnenschwenkenden Neonazis waren die JU-Mitglieder Paulenz, 31, und Schneider, 36, mitmarschiert - beide leidlich mit dunklen Sonnenbrillen getarnt. Selbst Landesinnenminister Lorenz Caffier sah sich genötigt, die Aktion öffentlich zu verurteilen. Die CDU wolle die "wehrhafte Demokratie" und setze sie auch durch, sagte Caffier.

Dass sich seine Partei "scharf abgrenzen" müsse von Rechtsextremen, das fordert auch Anwalt Diestel. Allerdings treffe die CDU mit dem Ausschlussverfahren gegen Paulenz den Falschen. In hohen Tönen schwärmt Diestel von seinen Mandanten, zwei "engagierten jungen Menschen". Paulenz beispielsweise habe in seiner Freizeit mehrere KZ-Gedenkstätten besucht und im Juli eine Bulgarin geheiratet. Er sei mitnichten rechtsradikal.

Die NPD-Demo hätten sich seine Mandanten nur "im Rahmen der politischen Bildung" anschauen wollen, beteuert der Anwalt. Sie hätten die Aktion in der CDU sogar angekündigt. Es könne nicht sein, dass sie nun von ihrer Partei "per Akklamation zu Rechtsextremen gestempelt" würden. "Das erinnert mich an das dämliche Verhalten zu DDR-Zeiten."

Zu Informationszwecken bei der NPD-Demo mitmarschiert? Unfug, sagt Günther Hoffmann, Rechtsextremismus-Fachmann vom Berliner Zentrum für Demokratische Kultur. Auch er hat die NPD-Demo in Neubrandenburg am 1. Mai verfolgt, allerdings vom Straßenrand: "Man beobachtet von außen", betont er. Über die JUler sagt Hoffmann: "Die haben sich bewegt, wie die Fische im Wasser. Das war keine Beobachtung." Diese Ansicht teilt auch der Landesgeschäftsführer der Jungen Union, Marc Reinhardt: "Die Bilder", sagt er, "sprechen eine eindeutige Sprache." Genau wie CDU-Kreischef Born bestreitet auch Reinhardt, dass die Aktion den Parteigremien bekannt gewesen sei. Daher sei der Rausschmiss von Paulenz nur noch eine Frage der Zeit. Allerdings könnte die Affäre der Union noch eine ganze Weile erhalten bleiben. Zwar soll sich das Parteigericht nach Diestels Angaben bereits am 30. August mit dem Fall befassen. Doch der Termin könnte erst der Anfang sein.

Diestel jedenfalls droht, er wolle notfalls den Instanzenweg jenseits der Parteigerichte ausschöpfen. "Die Gerichte", versichert er, "werden mir folgen." Seine Parteifreunde halten das für eine Illusion.

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