Ökonom Dullien über die US-Ökonomie: "Ich sehe keine Rezession"

Die Aussichten für die US-Wirtschaft sind nicht so schlecht, glaubt der Ökonom Sebastian Dullien. Denn die Exporte laufen gut und die Beschäftigung im privaten Bereich nimmt zu.

"Selbst die Autofirmen in Detroit kommen wieder auf die Beine": Am Fließband im Werk von General Motors in Hamtramck, Michigan. Bild: dapd

taz: Herr Dullien, die Börsen haben sehr positiv auf den Kompromiss in Washington reagiert. Liegen die Investoren mit ihrem Optimismus richtig?

Sebastian Dullien: Die Anleger sind zu Recht erleichtert, dass die Katastrophe erst mal vermieden wurde. Ein Staatsbankrott der USA hätte die gesamte Weltwirtschaft erschüttert.

Stattdessen wurde vereinbart, dass im US-Haushalt stark gekürzt wird. Droht dadurch nicht auch eine Rezession?

Man kann tatsächlich feststellen, dass der Staatssektor die US-Wirtschaft seit etwa einem Jahr negativ beeinflusst. Vor allem die Kürzungsprogramme in den einzelnen Bundesstaaten kosteten zeitweise etwa einen Prozentpunkt an Wachstum. Dieser Trend wird sich mit den neuen Beschlüssen noch verstärken.

Sind die Kürzungen also falsch?

SEBASTIAN DULLIEN, ist Volkswirt und Professor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin. Zudem ist er Senior Nonresident Fellow am American Institute for Contemporary German Studies in Washington D.C.

Die USA haben ein zu großes Staatsdefizit. Der Haushalt muss saniert werden.

Wäre es für die Konjunktur nicht besser gewesen, die Steuern für die Reichen anzuheben?

Das kann immer noch ein Teil des Pakets sein. Die Steuersenkungen für die Reichen laufen Ende 2012 aus. Und der Sparbedarf ist so groß, dass durchaus denkbar ist, dass diese Entlastungen nicht noch einmal verlängert werden. Das wäre dann faktisch eine Steuererhöhung.

Die Arbeitslosigkeit in den USA ist sehr hoch. Hat Barack Obama eine Chance, sie bis zu den Wahlen 2012 zu senken?

Im nächsten Jahr könnte es tatsächlich etwas besser aussehen. Denn die Beschäftigungsdynamik im privaten Sektor ist nicht so schlecht. Die US-Exporte laufen relativ gut, auch wegen des niedrigen Dollars. Das produzierende Gewerbe expandiert, und selbst die Autofirmen in Detroit kommen wieder auf die Beine.

Sie klingen bemerkenswert optimistisch. Andere Ökonomen warnen, dass die US-Schuldenkrise dazu führen wird, dass das Wachstum auch in Deutschland einbricht.

Ich sage doch keine rosige Zukunft voraus. Aber ich kann keinen Rückfall in eine Rezession erkennen. Das zeigen auch die Beschäftigungsindikatoren: Die Unternehmen in den USA berichten von konkreten Plänen, neue Mitarbeiter einzustellen.

Unter Ökonomen ist es ein beliebter Sport, sich zu überlegen, wer die größeren Probleme hat - die USA oder die Eurozone. Ihre Einschätzung?

Die Probleme sind ja nicht wirklich miteinander vergleichbar. Aber beide Regionen werden kein wahnsinnig tolles Wachstum produzieren.

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