Verbleib Steuer-Milliarden: Liechtensteiner Geld ruht in der Schweiz

Die Schweiz bestätigt, dass an deutschen Finanzämtern vorbeigeschleustes Geld inzwischen vermutlich dort gelandet ist. Finanzminister Steinbrück droht den Steueroasen.

Finanzplatz Schweiz im Gerede Bild: dpa

Wo sind die Milliarden geblieben, die deutsche Steuerflüchtlinge bei Liechtensteiner Stiftungen deponiert haben? Offenbar wurden sie auch an andere Steueroasen weitergereicht: Der Schweizer Finanzminister Hans-Rudolf Merz räumte am Wochenende ein, dass wahrscheinlich ein Teil des Geldes auf Schweizer Konten liege. Mit Ermittlungen deutscher Steuerfahnder in seinem Land rechnet er aber nicht.

Gleichzeitig weitet sich die Steueraffäre auch in Deutschland aus. So bestätigte die Bochumer Staatsanwaltschaft, dass sie über die Kundendaten einer zweiten Bank in Liechtenstein verfügt. Allerdings sei es nicht die Liechtensteinische Landesbank, wie Medien gemeldet hatten. Zunächst war nur die LTG-Bank ins Visier geraten, die dem regierenden Fürstenhaus gehört. Ein Informant hatte dem Bundesnachrichtendienst Kontendaten übermittelt, die laut Spiegel 4.527 Geldanlagen umfassen, darunter etwa 1.400 deutsche. Unter den Verdächtigen sollen auch Bundestagsabgeordnete sein, so lauten Gerüchte. Allerdings müssten die Politiker schon aus dem Parlament ausgeschieden sein, denn die Bochumer Staatsanwaltschaft schloss aus, dass sie Ermittlungen gegen aktive Abgeordnete beabsichtigt.

Die Regierung erhöht nun den Druck auf die Steueroasen: Am Mittwoch ist Albert II. von Monaco auf Staatsbesuch in Berlin - und auch er wird sich anhören müssen, dass sein Land laut OECD zu den "unkooperativen Steueroasen" gehört. Zugleich wiederholte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) am Wochenende seine Drohung, den "Geschäftsverkehr mit Liechtenstein deutlich zu erschweren". Die Übersetzung dieses Satzes hatte der Finanzminister schon letzte Woche geliefert: Entweder wird eine Quellensteuer auf Überweisungen nach Liechtenstein erhoben - oder aber zumindest Kontrollmitteilungen für alle Geldtransfers eingeführt. Damit bewegt sich Steinbrück nun auf einer ähnlichen Linie wie das globalisierungskritische Netzwerk attac, das ebenfalls eine Quellensteuer auf Transaktionen mit Steueroasen fordert.

Eine Quellensteuer auf alle Überweisungen würde wie ein Strafzoll für Waren aus Liechtenstein wirken. Wer etwa in Deutschland Bohrmaschinen der Firma Hilti kauft, müsste künftig nicht nur den Vertragspreis entrichten, sondern auch noch die Quellensteuer beim Geldtransfer. Die Liechtensteiner Wirtschaft wäre hart getroffen: Deutschland ist der wichtigste Handelspartner. Zudem ist die Industrie der größte Wirtschaftszweig des Großfürstentums, der 39 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt beiträgt, wie die jüngsten Zahlen von 2005 ausweisen. Finanzdienstleistungen machen nur 29 Prozent aus.

Theoretisch wäre es denkbar, dass Handelsgeschäfte von der Quellensteuer ausgenommen sind und nur reine Geldtransfers belastet werden. "Das wäre aber kaum zu kontrollieren", sagt Dieter Ondracek, Chef der Steuergewerkschaft. Er favorisiert den Vorschlag, dass die Banken bei Auslandsüberweisungen Kontrollmitteilungen an die Finanzämter verschicken müssen. Allerdings könnten Steuerflüchtlinge dann noch immer ein Drittland dazwischenschalten, um ihre Geldtransfers zu verschleiern. "Absolute Sicherheit gibt es nicht", sagte Ondracek zur taz.

Inzwischen beschäftigt die Steuerflucht nicht nur die Deutschen. So meldet die Sunday Times", dass britische Steuerfahnder 100.000 Pfund bezahlt hätten, um Liechtensteiner Konto-Details von bis zu 100 Briten zu erlangen. Die Daten sollen vom selben Informanten stammen, der auch den BND beliefert und dafür 4,2 Millionen Euro kassiert hat. Er soll seine Liechtensteiner Ware auch noch den USA, Kanada, Australien und Frankreich angeboten haben.

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