Kommentar Bahnprivatisierung: Brückenbauer für die Bahn gesucht

Das jetzt von den SPD-Ministern favorisierte Holding-Modell widerspricht den Beschlüssen des Hamburger SPD-Parteitages. Private Eigentümer haben darin maßgeblichen Einfluss.

Sie lassen nicht locker. Die Freunde des Bahnverkaufs in der Bundesregierung, allen voran in den SPD-geführten Ministerien für Verkehr und Finanzen, wollen in den nächsten Wochen die Weichen für eine Privatisierung des bundeseigenen Mobilitätskonzerns stellen - so wie es sich Bahn-Chef Hartmut Mehdorn wünscht. Offiziell handelt es sich zwar um Prüfaufträge, mit denen verschiedene Privatisierungsmodelle bewertet werden - aber es zeichnet sich ab, wohin die Reise noch vor der nächsten Bundestagswahl gehen soll: Die Bahn soll unwiderruflich ein Unternehmen werden, in dem private Eigentümer maßgeblichen Einfluss haben. Die SPD-Parteibasis muss höllisch aufpassen, will sie nicht über den Tisch gezogen werden.

Denn die jetzt verfolgten Pläne, die Bahn nach dem sogenannten Holding-Modell zu privatisieren, widersprechen den Beschlüssen des Hamburger SPD-Parteitags vom Herbst. Der hatte nach heftigen Diskussionen eine Teilprivatisierung des gesamten Konzerns verhindert - damit die Bahn nicht in die Hände profitorientierter Investoren fällt. Um nichts anderes handelt es sich aber - wenn auch in abgespeckter Form - bei dem jetzt favorisierten Holding-Modell. Demnach bliebe zwar der Bund Besitzer des Schienennetzes, die Verkehrssparten sollen aber mit bis zu 49 Prozent veräußert werden.

Dieses Modell beschwört neue Gefahren herauf: Den privaten Eigentümern geht es nicht darum, flächendeckend für eine erschwingliche und umweltfreundliche Mobilität zu sorgen, sondern sie interessiert allein ihre Rendite. Auch wenn dies zulasten der Kunden, der Infrastruktur und der Beschäftigten geht.

Die SPD-Linke, die nach der Landtagswahl in Hessen Aufwind verspürt, hat der ursprünglich geplanten Bahnprivatisierung das Volksaktienmodell entgegengesetzt - und den Verkauf damit zunächst verhindert. Man darf gespannt sein, welches Modell sie diesmal aus der Schublade zieht, um erstens Mehdorn zu stoppen und zweitens den eigenen Ministern eine Brücke zu bauen. Viel Zeit bleibt dafür nicht.

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Geboren 1969 in Ost-Berlin. Studium an der FU Berlin. Bei der taz seit 1999, zunächst im Berliner Lokalteil. Schwerpunkte sind Verkehrs- und Unternehmenspolitik.

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