„Wir sind auf die EU noch nicht vorbereitet“

Rumäniens Staatschef Traian Basescu hält die Kritik Brüssels an der Korruption in seinem Land für berechtigt. Er ist überzeugt, den Kampf gegen dieses Übel zu gewinnen. Rumäniens EU-Beitrittstermin 2007 hält er nicht für gefährdet

taz: Herr Staatspräsident, Sie verweisen oft und gern auf Ihre Erfahrung als Schiffskapitän. Wird das Schiff Rumänien am 1. Januar 2007 sicher im Hafen der Europäischen Union anlegen?

Traian Basescu: Besser als viele denken. Es wird noch durch einige Stürme manövrieren müssen, aber es wird gut, sicher und heil anlegen.

Am 25. April wollen Sie in Brüssel den Beitrittsvertrag Rumäniens zur Europäischen Union unterzeichnen. Ist Ihr Land auf den Beitritt zum Januar 2007 wirklich vorbereitet?

Meine ehrliche Antwort lautet: Nein. Wenn der Vertrag unterzeichnet wird, ist Rumänien auf die Standards der Europäischen Union noch nicht vorbereitet. Wir müssen bis zum Beitritt 2007 noch sehr hart arbeiten: Rumänien muss eine funktionierende Marktwirtschaft werden. Die Bürger und die Unternehmen sollen dem rumänischen Staat wirklich vertrauen können. Und wir wollen die Korruption im Land beseitigen.

In Brüssel und Straßburg nehmen Ihnen viele Politiker nicht ab, dass Sie das schaffen werden.

Die Kritik ist berechtigt. Meine Bitte ist aber, Rumänien nicht nur aufgrund dessen zu beurteilen, was in den letzten Jahren passiert ist. Seit unserem Wahlsieg vor drei Monaten führen wir einen harten Kampf gegen Korruption. Vierzig Generäle der Polizei wurden vom Dienst suspendiert, die Konten von 42.000 Firmen wurden gesperrt, weil sie keine Steuern zahlen. Im Fall von Wirtschaftsverbrechen wie der Privatisierung der staatlichen Raffinerie Rafo wurden inzwischen Verantwortliche verhaftet.

Jüngst hat die Europäische Union die Aufnahmeverhandlungen mit Kroatien verschoben. Rumänien wiederum droht unter Umständen eine Verschiebung des Beitritts. Hat das Beispiel Kroatien Sie alarmiert?

Nein, denn bei Kroatien geht es um politische Kriterien, und die erfüllen wir schon lange.

Vor acht Jahren hatte Rumänien schon einmal einen Staatspräsidenten, der sein Amt als viel versprechender Reformer und Kämpfer gegen Korruption antrat und dann auf ganzer Linie scheiterte – Emil Constantinescu. Warum glauben Sie, dass Sie mehr Erfolg haben werden?

Ich war Schiffskommandant auf Öltankern. Ich habe mein Ziel nie verfehlt. Ich darf und werde beim Kampf gegen die Korruption nicht nachgeben. Und ich werde gewinnen.

Sie treten gegen einen mächtigen Apparat aus Wirtschaftsverbrechern, alten Geheimdienstleuten, korrupten Beamten und Politikern an. Gegen den hat sich in den letzten fünfzehn Jahren kein rumänischer Politiker durchsetzen können.

Jeder Apparat kann mit politischem Willen besiegt werden. Nehmen Sie das Beispiel der Öffnung der Geheimdienstakten. Niemand wollte das bis vor kurzem. Aber ich habe mich durchgesetzt. Seit Anfang März wird das ehemalige Archiv der kommunistischen Geheimpolizei Securitate der Aktenöffnungsbehörde CNSAS übergeben. Der Kampf gegen die Korruption wie auch der gegen alte Strukturen ist eine Frage des politischen Willens. Den habe ich. Den hat auch die neue Regierung.

Auch gegenüber Leuten wie dem stellvertretenden Regierungschef George Copos, einem der reichsten Männer Rumäniens? Immerhin wurde er vor den Wahlen von den zivilgesellschaftlichen Organisationen Rumäniens als inkompatibel mit einem politischen Amt eingestuft, weil er sein Vermögen mit dubiosen Methoden wie Steuerhinterziehung gemacht haben soll.

Auch für Copos gilt: null Toleranz bei Korruption. Wenn er sich als korrupt erweisen sollte, muss er dorthin, wo der Platz solcher Leute ist: ins Gefängnis.

Herr Staatspräsident, außenpolitisch sprechen Sie immer wieder von der Achse Washington–London–Bukarest. Ihre Prioritäten sorgen in Berlin und Paris für Irritation, in Brüssel heißt es, Rumänien könne keine militärische Zukunft mit den USA haben und eine ökonomische mit der EU.

Ich bin nicht nach Berlin gekommen, um meine außenpolitische Orientierung zu ändern. Wir haben eine echte strategische Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten und Großbritannien, und die ist ein Schlüsselelement der rumänischen Sicherheitspolitik. Wir werden auch unsere Truppen aus dem Irak nur in Absprache mit den USA abziehen. Aber hatten doch auch im Kosovo gemeinsame Truppen mit EU-Ländern. Rumänien braucht sowohl Verbündete in Europa als auch jenseits des Atlantik. Mit außenpolitischer Exklusivität ist niemandem gedient.

INTERVIEW: KENO VERSECK