Affenversuche und kein Ende

Hirnforscher Andreas Kreiter darf auch in den kommenden fünf Jahren weiter mit Makaken experimentieren. Zugleich soll eine Expertenkommission Kreiters Arbeit „evaluieren“. Die SPD stimmt zu – der neue Bürgermeister Jens Böhrnsen fehlte

Bremen taz ■ Auf Jens Böhrnsen wartete die Bürgerschaft gestern vergeblich. In der Bürgerschaft sein Platz leer, als die Abgeordneten einmal mehr über die Fortsetzung der Makakenversuche des Hirnforschers Andreas Kreiter an der Universität Bremen stritten.

Kreiter wird seine 1997 erstmals genehmigten Experimente aller Wahrscheinlichkeit nach bis zum Jahre 2010 weiterführen können. Gesundheitssenatorin Karin Röpke (SPD) wird dem entsprechenden Antrag Kreiters wohl noch in diesem Monat stattgeben. Zugleich soll eine Expertenkommission eingerichtet werden, um die Affenversuche zu evaluieren.

Darauf verständigten sich SPD und CDU – ohne sich jedoch auf ein gemeinsames Begründungs-Papier einigen zu können. Während die CDU auf einer „ergebnisoffenen“ Evaluation besteht, will SPD-Fraktionschef Carsten Sieling den Gutachtern eine klare Weisung mit auf den Weg geben: „2010 muss endgültig Schluss sein.“ Solange läuft auch noch die Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Sicher ist der Ausstieg in fünf Jahren jedoch noch nicht. Selbst die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Carmen Emigholz mochte nur auf ein „Ende der belastenden Versuche hoffen“.

„Eine schlichte Ablehnung ist juristisch nicht haltbar“, sagte Sieling gestern zur Begründung. Den jetzt gefundenen Kompromiss verteidigte er als „Einstieg in den Ausstieg“. Die Grünen sehen in der Einigung von SPD und CDU eine „Täuschung der politischen Gremien und der Öffentlichkeit“. Wenn die SPD jetzt Kreiters Antrag bewillige, werde sie „vollkommen unglaubwürdig“, sagte die grüne Wissenschaftspolitikerin Silvia Schön. Der Antrag der Grünen, die einen sofortigen Ausstieg aus den Affenversuchen verlangten, wurde von SPD und CDU abgelehnt.

Zuvor hatte sich Wissenschaftssenator Willi Lemke (SPD) klar für eine Fortsetzung der Experimente ausgesprochen. Die invasiven Versuche an den Makaken seien „weiterhin erforderlich“, sagte Lemke – und verwies auf neueste Erkenntnisse der internationalen Forschergemeinschaft. Seinen KritikerInnen warf Lemke „Doppelmoral“ vor: Selbst wenn Bremen Kreiters Arbeit stoppe, gingen anderswo die Versuche an Affen weiter. Lemkes Zugeständnis an die TierschützerInnen: die Evaluation der Tierversuche.

Damit wusste Lemke auch die CDU-Wissenschaftspolitikerin Karin Tuczek auf seiner Seite: „Wir dürfen jetzt nicht mitten in der Fahrt vom fahrenden Zug abspringen.“ Eine sofortige Einstellung bringe nicht nur „großen Schaden“ für den Wissenschaftsstandort Bremen mit sich. Auch die bisher vom Land Bremen gezahlten Forschungsmittel – über sechs Millionen Euro – wären dann „nutzlos geflossen“, so Tuczek weiter.

In der CDU will man aber weniger die Politik als vielmehr die Gesundheitsbehörde über den Fortgang der Affenversuche entscheiden lassen. Die Entscheidung liege allein bei der Verwaltung – und könne nicht vom Parlament getroffen werden.

Zwar bekundete auch Tuczek den Willen, die Tierversuche auf das „absolut notwendige“ Maß zu begrenzen und durch alternative Forschungsmethoden zu ersetzen. „Wir müssen allerdings einen reibungslosen Übergang zu alternativen Forschungsansätzen sicherstellen.“ Dafür hat Kreiter, der die alternativen Methoden als Ergänzung sieht, jetzt noch mindestens fünf Jahre Zeit.

Ganz aus dem Weg gehen konnte der neue Bürgermeister Jens Böhrnsen dem Thema Affenversuche dann aber doch nicht. Vor Beginn der Debatte überreichte ihm der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Wolfgang Apel, ein „Bremer Schwein“, gefertigt von einer Künstlerin – als Glücksbringer und „Erinnerung an die Verantwortung für die Tiere“, wie Apel sagte. jens Böhrnsen bedankte sich nett. Jan Zier