Die WM-Stars als Sicherheitsrisiko

Alle Spieler der Fußball-Weltmeisterschaft werden von Sicherheitsbehörden überprüft – genauso wie 250.000 Helfer in den Stadien. Die warten immer noch darauf, ob sie arbeiten dürfen. Ihre Chefs können die Personalplanungen nicht fertig stellen

AUS BERLIN MAURITIUS MUCH

Man stelle sich vor: Es ist Fußball-WM, und Deutschland muss ohne Mannschaftskapitän Michael Ballack spielen. Nicht etwa weil er verletzt ist, sondern weil das Organisationskomitee der WM ihn nicht akkreditiert.

Zugegeben, das Beispiel Ballack ist hypothetisch. Aber es kann passieren, dass die 32 Teams Spieler nicht einsetzen dürfen. Denn jeder Kicker hat Zugang zu Umkleidekabinen und Spielfeld, die zu den Bereichen erhöhter Sicherheit gehören. Also muss er von Polizei und Verfassungsschutz überprüft werden, wenn er deutscher Nationalspieler ist, bestätigte der OK-Sprecher Günter Graus der taz. Stammt er aus einer der 31 anderen teilnehmenden Nationen, sei der Bundesnachrichtendienst zuständig, erklärt Thilo Weichert vom Unabhängigen Datenschutzzentrum in Schleswig-Holstein. Liegt gegen einen Spieler etwas vor, darf er nicht auflaufen. Dafür muss ein Michael Ballack oder ein Ronaldinho nur auf einer nach deutschem Recht nicht ganz unbedenklichen Demonstration gewesen sein.

Der Deutsche Fußballbund (DFB) weiß noch nichts davon, dass die 23 Mann, die Bundestrainer Jürgen Klinsmann Mitte Mai in sein Aufgebot berufen wird, und der gesamte Betreuerstab überprüft werden. „Bisher habe ich noch keinen Brief vom OK bekommen“, sagte Sprecher Harald Stenger zur taz. Aber er werde die Daten der Spieler sofort weiterleiten, wenn die Anfrage komme.

Die 736 Elitekicker sind nur die berühmtesten Personen, die durchgecheckt werden. Auch die Vergangenheit von 250.000 Putzkräften, Würstchenverkäufern oder Sicherheitsleuten wird überprüft. Die wissen auch zweieinhalb Monate vor Beginn des Events noch nicht, ob sie während der WM in und an den Stadien arbeiten dürfen. Sie warten darauf, dass das Organisationskomitee sie endlich akkreditiert.

Doch das kann noch dauern. Erst Ende März wird das Bundeskriminalamt, das die Überprüfungen koordiniert, das OK benachrichtigen, wer Zugang zu den Stadien hat, sagt OK-Sprecher Günter Graus. Danach werde das OK die Arbeitgeber der 250.000 Personen per E-Mail davon unterrichten, welche Mitarbeiter abgelehnt wurden. Erst dann werden die Betroffenen von ihren Chefs ins Bild gesetzt.

Etwas spät, findet André Weinert. „Erst zwei Monate vor der WM, das halte ich schon für sehr kurzfristig“, sagt der Abteilungsleiter Sicherheit bei den Leipziger Löwen. Der private Sicherheitsdienst überwacht mit rund 1.000 Mann das Leipziger WM-Stadion. Mehr Planungssicherheit hätte er sich gewünscht, gibt Weinert zu. Aber Probleme damit, neue Leute zu finden, wenn einige Mitarbeiter nicht akkreditiert werden, sieht er nicht. „Wir haben einen größeren Pool an Kräften, so dass wir schnell Ersatz finden“, so Weinert.

So auskunftsfreudig wie André Weinert sind andere Unternehmen nicht. Rolf Schindler sorgt mit seinem Sicherheitsdienst für Ruhe im Stuttgarter Stadion, doch Fragen zum Akkreditierungsverfahren für seine rund 1.000 Mitarbeiter will er nicht beantworten. Das müsse er erst mit dem Organisationskomitee abklären.

Offenbar gibt es eine Abmachung der Unternehmer mit dem OK, nichts ohne dessen Einwilligung zu sagen, wie die taz von mehreren Seiten erfuhr. Dazu schweigt das OK. Guido Lorenz hält sich an die Vereinbarung. „Zum Akkreditierungsverfahren habe ich meine private Meinung, aber die ist nicht relevant“, sagt der Geschäftsführer von Inter-Clean, das in allen Stadien die VIP-Räume und Logen reinigt. Mehr will er nicht sagen. Unternehmer wie er denken über die WM hinaus. Eine weitere Zusammenarbeit mit Fifa und DFB will er da wohl nicht aufs Spiel setzen.