„Und wenn sich ein Bischof outet?“

Katholische Kirche verbietet Homo-Gottesdienst. Sie erntet heftige Kritik – auch von katholischen Pfarrern

MÜNCHEN taz ■ Eigentlich ist der Augsburger Christopher-Street-Day keine allzu große Sache, wie überall im Lande feiern einmal im Jahr Schwule und Lesben sich selbst, verbunden mit Erinnerungen an Aidsopfer und der Forderung nach Gleichstellung. Doch die Homoparade bietet Sprengstoff, weit über das Schwabenland hinaus.

Gestern war bekannt geworden, dass der seit 1999 stattfindende ökumenische Gottesdienst für Schwule und Lesben während des CSD nicht mehr in einer katholischen Kirche stattfinden darf. Als Grund führt der dortige Generalvikar Josef Heigl die zunehmende Funktion des CSD als „politische Manifestation für die gesellschaftliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften“ an. Das klare Zeugnis der Kirche für die sakramentale Ehe von Mann und Frau dürfe nicht durch eine missverständliche Instrumentalisierung von Gottesdiensten für andere politische Leitbilder verwässert werden.

Homosexualität sei schließlich immer noch ein „schwerer Verstoß gegen das natürliche Gesetz und die Schöpfungsordnung“, so Heigl. In der Tat waren Klagen von Katholiken über die jährlichen schwäbischen Gottesdienste bis nach Rom gedrungen. Dort sah man sich genötigt, die bayerischen Bischöfe an eine kritische „Homo-Orientierungshilfe“ des Vatikans aus dem Jahre 1986 zu erinnern – so viel pragmatische Seelsorge wie in Augsburg ist darin nicht vorgesehen.

Die Gay Community weicht nun auf eine evangelische Kirche aus, die bundesweite ökumenische Arbeitsgruppe Homosexualität und Kirche testiert derweil der römisch-katholischen Kirche ein „Armutszeugnis“. Jesus habe schließlich unvoreingenommen alle Menschen eingeladen. Aber auch manch offizieller katholischer Kirchenmann kommt aus dem Kopfschütteln nicht heraus. „Ich dachte, mich trifft der Schlag, als ich das erfahren habe“, sagt etwa der Münchner Pfarrer Rainer Schießler der taz. „Die Kirchen sind doch dafür gebaut, das die Menschen darin beten – und zwar alle!“ Schießlers Gotteshaus Sankt Maximilian liegt im Glockenbachviertel, wo die Regenbogenszene zu Hause ist. In seiner Gemeinde gebe es viele aktive Schwule oder Lesben, etwa Firmhelfer, „von denen alle wissen, dass sie schwul sind“. Noch nie habe ein Kirchenoberer seine Erfahrung abgefragt, stattdessen werde das Thema Sexualität weiterhin totgeschwiegen. „Aber was ist, wenn sich – wie in Spanien geschehen – bei uns ein Bischof outet? Dann kracht dieses Kartenhaus zusammen.“

MAX HÄGLER