Steuerliche Entlastung von Unternehmen hilft dem Standort nicht
: Finanzpolitische Bankrotterklärung

Dass die Unternehmenssteuern im Namen des globalen Standortwettbewerbs gesenkt werden sollen, darüber herrscht inzwischen Einigkeit unter den Koalitionären. Aber immerhin scheint sich in Berlin die Erfahrung herum gesprochen zu haben, die die vorherige Regierung nach ihrer Steuerreform 2001 gemacht hatte: Niedrigere Steuersätze führten zu drastisch niedrigeren Steuereinnahmen. Aufkommensneutral soll also die nächste Unternehmensteuerreform sein.

Doch das ist nichts als leeres Geschwätz. Eine Steuersenkung, die sich nicht auf die Steuereinnahmen auswirken soll, ist unter dem Strich gar keine. So blöd sind Manager nicht, dass sie sich allein durch nominale Zahlenspiele zu Investitionen bewegen lassen. Außerdem gibt es kaum noch Spielräume, zum Ausgleich niedrigerer Steuersätze die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung zu verbreitern. Allenfalls könnte man die gerade verbesserten Abschreibungsbedingungen wieder verschlechtern – und damit zugleich die Investitionsbereitschaft der Unternehmen.

Dabei ist es sowieso fraglich, ob ausgerechnet niedrigere Unternehmensteuern die Wirtschaft flott kriegen. Unternehmen verzeichnen schon jetzt Rekordgewinne und -exporteinnahmen. Investiert wird trotzdem kaum. Warum sollte sich das durch ein paar zusätzliche Steuergeschenke an Unternehmen ändern? Höhere Investitionen in Bildung und Infrastruktur könnten viel eher geeignet sein, den Standort voranzubringen.

Das Geld dafür muss aber irgendwo her kommen. Das weiß auch die Regierung. Doch fällt ihr nichts Besseres ein, als es sich bei denen zu holen, die nicht mit Abwanderung drohen können: bei den Verbrauchern, denen durch höhere Mehrwertsteuern das Geld aus der Tasche gezogen wird; bei Patienten, die dem Staat mit einem Gesundheitssoli unter die Arme greifen sollen, und bei den Arbeitslosen, an denen sowieso gespart werden muss. Die Erklärung – eine politische Bankrotterklärung – lieferte dazu jetzt Finanzminister Steinbrück im Spiegel: Von unserem überzogenen Anspruchsdenken sollen wir uns gefälligst verabschieden – der Sozialstaat fährt sowieso gegen die Wand. NICOLA LIEBERT