BEIM ANTIDISKRIMINIERUNGSGESETZ ZEIGT HORST KÖHLER, WO ER STEHT
: Der Präsident der Arbeitgeber

Der Bundespräsident hat Recht: Das Gesetz zum Schutz vor Diskriminierung kommt zum falschen Zeitpunkt. Es hätte schon vor Jahren beschlossen werden müssen – so wie in allen anderen Ländern der EU, die entsprechende Richtlinien längst umgesetzt haben. Sinn der Sache war, Betroffenen die Möglichkeit zu geben, sich gegen fremdenfeindliche Wohnungsvermieter, frauenfeindliche Arbeitgeber oder rassistische Türsteher zu wehren. Vor allem aber sollte ein Zeichen gesetzt werden, dass Europas Staaten Diskriminierten helfen. Dass Deutschland hier hinterherhinkt, ist blamabel.

Doch das hat Horst Köhler leider nicht gemeint, als er das so genannte Gleichbehandlungsgesetz der großen Koalition kritisierte. Im Gegenteil: Der Präsident gab ein ganz anderes Signal, er stellte sich auf die Seite all jener Politiker von Union und FDP, die Antidiskriminierungsregeln für unzumutbaren Unfug halten. Deutschland, so Köhler, könne es sich jetzt nicht erlauben, neue bürokratische Hemmnisse aufzubauen. Damit hat sich Köhler nicht nur eine von Bundespräsidenten bislang ungewohnte Einmischung in laufende, umstrittene Gesetzgebungsverfahren erlaubt, die seine Vorgänger aus guten Gründen stets vermieden. Er outet sich endgültig als parteilichster Präsident, den diese Republik je hatte. Wenn es darauf ankommt, vertritt Köhler nur eine Bevölkerungsgruppe: die Arbeitgeber. Wer deren Interessen im Wege steht, findet bei diesem Präsidenten kein Verständnis.

Auch wenn Köhler die Tragweite seiner Äußerungen nicht immer zu bedenken scheint: Im Schutz für Schwache lediglich bürokratische Hemmnisse zu sehen, offenbart eine Geisteshaltung, die für ein Staatsoberhaupt unwürdig ist. Eine Überraschung ist dies mitnichten. Köhler bleibt sich treu. Schon mit seiner ersten großen Rede zeigte er, wo er steht: Er hielt sie auf einem Arbeitgeberkongress – und befand schon damals, bei der „Vorfahrt für Arbeit“ hätten alle anderen Anliegen zurückzustehen. Alle. Ungeniert versuchte er damals, seinen schwarz-gelben Wählern in der Bundesversammlung auf dem Weg zur Macht zu helfen. Vergeblich. Angela Merkel, die ihm ins Amt half, hat seitdem dazugelernt. Köhler nicht. Inzwischen unterstützt er ihre Gegner. LUKAS WALLRAFF