Shopping rund um die Uhr
: Ladenhüter Ladenschluss

Kaum zu glauben: Noch vor wenigen Jahren galt der Ladenschluss als das Symbol für die Innovationsfähigkeit der Republik. Erst das Einkaufen rund um die Uhr sichere den Standort Deutschland. Einträchtig beschworen Wirtschaftsvertreter wie konservative und liberale Politiker massive Arbeitsplatzeffekte. Bis zu 50.000 Jobs versprachen Optimisten – schließlich konkurriere Nordrhein-Westfalen zunehmend mit den Niederlanden und Großbritannien. Und dort herrsche nun einmal ein kundenfreundlicheres, konsumfreudiges Klima.

KOMMENTAR VONANDREAS WYPUTTA

Heute aber, kurz vor der Liberalisierung des Ladenschlussgesetzes, ist davon nichts mehr zu hören. Nicht nur die großen Konzerne halten sich auffällig zurück. „Rechnen“ müssten sich längere Öffnungszeiten, warnen sie plötzlich. Zu bitter waren wohl die Erfahrungen während der Fußball-Weltmeisterschaft: Rund um die Uhr hätten die Märkte und Geschäfte öffnen können – und blieben doch geschlossen. Denn am späteren Abend verirrten sich nur wenige Kundinnen und noch weniger Kunden in die Einkaufsstraßen und Shopping-Malls. Was sich gut verkaufte, waren – oh Wunder – Getränke und Grillfleisch.

Auch der Landesregierung, im Landtag durch die Mehrheit von CDU und FDP getragen, scheint der Ladenschluss plötzlich kaum noch wichtig. Jetzt, da nicht mehr der Bund, sondern die Länder selbst die Öffnungszeiten gestalten können, schiebt CDU-Wirtschaftsministerin Christa Thoben Expertenanhörungen im Parlament vor, um eine Verschiebung der Debatte ins kommende Jahr zu begründen. Verwunderlich ist das nicht: Der Ladenschluss bleibt ein politischer Ladenhüter ohne messbaren ökonomischen Effekt. Einseitig belastet werden nur die Beschäftigten – sie zahlen für die Flexibilisierung mit sozial nicht kompatiblen Arbeitszeiten bis zur Selbstausbeutung.