Zentralrats-Kritiker muss gehen

Jüdische Gemeinde Lübeck beruft Vorsitzenden wegen Haltung zu Nahostkrieg ab

LÜBECK epd/taz ■ Die Jüdische Gemeinde Lübeck hat ihren Vorsitzenden Rolf Verleger nach Kritik an Israel abberufen. Er sei damit auch nicht mehr Vorsitzender der Jüdischen Gemeinschaft Schleswig-Holstein, sagte Verleger gestern. Er bleibe jedoch Delegierter im Direktorium des Zentralrats der Juden in Deutschland. Verleger ist Professor für Neurophysiologie an der Lübecker Uniklinik.

Verleger hatte Anfang August Israels Einmarsch in den Libanon als „Gewaltpolitik“ verurteilt. Der jüdische Staat bestrafe Menschen in Kollektivverantwortung, praktiziere Tötungen ohne Gerichtsverfahren und lasse ganze Stadtviertel in Schutt und Asche legen. Zudem warf er dem Präsidium des Zentralrats vor, in seinen öffentlichen Stellungnahmen die dunkle Seite der israelischen Politik im Libanon und gegenüber den Palästinensern zu verschweigen. Es sei ihm zwar „klar, dass Sie damit die Mehrheitsmeinung der Juden in Deutschland ausdrücken“. Er habe jedoch vom Präsidium „noch etwas mehr erwartet“.

Der Zentralrat hatte Verlegers Darstellung als „absolute Einzelmeinung“ zurückgewiesen und angekündigt, an der loyalen Haltung zu Israel festzuhalten. Im Präsidium und im Direktorium stehe eine überwältigende Mehrheit positiv zu Israel. Nach Kriegsbeginn hatte der Zentralrat mehrfach seine Solidarität mit Israel bekundet und „einseitige Kritik“ an Israel scharf zurückgewiesen. In einem Aufruf vom 21. Juli hieß es, „die Verantwortung für die aktuelle Situation trägt jedoch nicht Israel, sondern die libanesische Regierung“.