Jahre dauerte es, bis die Bombe hochging

Warum so viele Fleischskandale in Bayern? Womöglich weil die Landräte für die Überwachung zuständig sind

„Es gibt zu wenig Personal – und das ist in Bayern auch noch falsch angesiedelt“

BERLIN taz ■ Schon wieder Bayern: Beim Thema vergammeltes Fleisch führt der Freistaat die Skandalliste an. Ludwig Wörner, umwelt- und verbraucherpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion in Bayern, wundert das nicht weiter: „Es gibt zu wenig Personal – und das ist auch noch falsch angesiedelt“, sagt er.

Für die Lebensmittelüberwachung sind in Bayern die Landratsämter zuständig. „Glauben Sie ernsthaft, dass so ein gewählter Landrat erpicht darauf ist, dass seine Kontrolleure den Wirten und Unternehmern auf die Finger hauen?“, so Wörner.

Außerdem wird weiter Personal abgebaut, kritisiert der SPD-Mann. Erneut sollen 30 der noch etwa 500 Lebensmittelüberwachungsstellen geschlossen werden. Das gehe aus den Finanzplanungen hervor. Es gebe in Bayern offenbar ein besonders enges Verhältnis zwischen Kontrolleuern und Kontrollierten, mutmaßt die grüne Bundestagsabgeordnete und ehemalige Verbraucherschutzministerin in NRW, Bärbel Höhn.

„Beim Wildfleischskandal haben die Behörden Monate, wenn nicht Jahre zugesehen. Jeder hat es gewusst, aber es hat Jahre gedauert, bis die Bombe hochging“, berichtet Wörner. Es habe sogar einen Betrieb ohne Betriebsgenehmigung gegeben, von dem die Kontrolleure wussten, ohne etwas zu unternehmen. Ein Untersuchungsausschuss soll nun die näheren Umstände klären.

Wörner kritisert außerdem Gesetzeslücken. „Wenn jemand Fleisch auftaut und beim nächsten Mal eine Sauce dazugibt, dann gilt das als neues Produkt.“ Der Sprecher des sächsischen Gesundheitsministeriums, Ralf Schreiber, widerspricht: „Aufgetautes Fleisch darf grundsätzlich nicht wieder eingefroren werden.“ Allerdings kann Schreiber diese „dürfen“ nicht mit einer Gesetzestelle belegen – „aber mit Qualitätsstandards: Die leiden beim neuerlichen Einfrieren derart, dass ein In-Verkehr-Bringen nach neuerlichem Auftauen unmöglich ist“, so der Sachse. Prinzipiell müsse im Lebensmittelbereich alles dokumentiert werden, was mit den Lebensmitteln passiert.

Auf Bundesebene erklärt sich das Verbraucherministerium für nicht zuständig. Lediglich bei internationaler Ware sei man im Spiel. AJE, RENI