Schienen sind in schlechtem Zustand

Züge entgleisen und Signale drohen abzufallen, weil die Deutsche Bahn AG zu wenig Instandhaltung betreibt. Das belegt jetzt ein Bericht des Bundesrechnungshofs. Die Bahn bestreitet, dass sie zu wenig Geld ausgebe: „Reparaturen billiger als geplant“

VON ANNETTE JENSEN

Die DB AG hat das Schienennetz in den letzten Jahren extrem vernachlässigt und viel weniger für die Instandhaltung von Gleisen und Bahnhöfen ausgegeben als vereinbart. Das belegt ein Bericht, den der Bundesrechnungshof vor kurzem an das Verkehrsministerium geschickt hat. Das Papier liegt der taz vor. Bis Mitte März haben die Beamten Zeit, die Fakten zu prüfen – dann geht der Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages.

Im Jahr 2001 hatten Bund und DB gemeinsam festgestellt: Jedes Jahr muss das Unternehmen etwa 1,6 Milliarden Euro investieren, damit die Infrastruktur in gutem Zustand bleibt. Anlass der Vereinbarung waren schon damals erhebliche Mängel, die der Bundesrechnungshof moniert hatte. Doch die DB hielt sich nicht an die Verabredung und gab bis 2005 mindestens 1,5 Milliarden Euro weniger aus als geplant. „Unsere Arbeitsabläufe sind effektiver geworden, und deshalb bekommen wir heute mehr Instandhaltung für weniger Geld“, argumentierte gestern ein DB-Netz-Sprecher. Gegenüber dem Verkehrsministerium hatte die DB zudem das geschrumpfte Streckennetz ins Feld geführt.

Das Eisenbahnbundesamt hat bei Stichproben festgestellt, dass die DB bei Reparaturen extrem schlampt. Die Reparatur von Gleisen, deren Spurbreite nicht mehr stimmte, sei wohl nicht „von großer Nachhaltigkeit“ gewesen, musste die DB einräumen, nachdem das Amt erneut nachgemessen hatte. Trotz häufiger Mahnung fanden die Beamten immer wieder verrostete Halterungen von Signalanlagen und auf die Schienen wuchernde Bäume. Im vergangenen Mai entgleiste ein Zug mit überhitzten Radsätzen. Die von ihm zuvor passierte „Heißläuferortungsanlage“ hatte nicht reagiert. Wie das Eisenbahnbundesamt anschließend feststellte, waren 14 Prozent aller Anlagen nicht einsatzfähig. Die 4 Millionen Euro Schaden am Gleisbett, die der Unfall verursacht hatte, gingen fast vollständig auf Kosten des Staatshaushalts. Hier zeigt sich eine Fehlkonstruktion bei der Finanzverantwortung für die Gleise: Die Instandhaltung muss die DB aus den Trassenpreisen erwirtschaften, Ersatzinvestitionen finanziert dagegen fast vollständig der Bund.

Den Vorwurf der Bahn, hinter der Veröffentlichung stehe ein „bewusster Versuch interessierter Kreise, mit Fehlinformationen den Privatisierungsprozess zu stören oder zu verhindern“, kontert der Sprecher des Bundesrechnungshofs, Michael Reinert: „Wir verfolgen bei unseren Prüfungen keine strategischen Überlegungen.“

Nach sechs Jahren habe einfach mal wieder eine Prüfung angestanden – schließlich gehe es um viel öffentliches Geld, heißt es beim Rechnungshof.