CSU gegen CSU in Regensburg

Einem Netzwerk rund um den Rechtsaußenpolitiker Thomas Fürst gelingt die Machtübernahme in der örtlichen Partei. Jetzt wird die Rathausspitze wohl auf einer eigenen Liste antreten – gegen die nach rechts gewendete Union, die formal die echte ist

Die Geradlinigkeit der Verlierer geht einher mit großer Ratlosigkeit

AUS REGENSBURG MAX HÄGLER

Jubel im Angesicht eines Sieges entlarvt oft die wirklichen Koalitionen. So wie am Samstagmittag im Regensburger Augustinushaus. Rechtsanwalt Franz Rieger, 47 Jahre alt, jubelt – er ist soeben mit 63 von 122 Delegiertenstimmen zum neuen Kreisvorsitzenden der Regensburger CSU gewählt worden.

Noch mehr jubelt Thomas Fürst. Der soll in den Neunzigerjahren, seinerzeit in der Jungen Union (JU), mit der Hakenkreuzfahne an der Wand gefeiert haben. Im vergangenen Jahr machte er einen Segeltörn mit einem Jungpolitiker, der prominent geworden ist durch den Spruch: „Die Ausländer gehören genauso vergast wie die Juden.“ Inzwischen ist Fürst auch CSU-Stadtrat, sitzt seit kurzem dem Ortsverband Altstadt vor – und kämpft seit einigen Jahren um immer mehr Einfluss bei der Regensburger CSU, unter dem Beifall einer begeisterten NPD.

Seit diesem Wochenende ist Fürst, dem Ambitionen auf einen Landtagsposten nachgesagt werden, am Ziel. Zwei Männer waren bei der Kreisvorstandswahl angetreten, ein Stadtrat für das etablierte Lager um Oberbürgermeister Hans Schaidinger und eben Franz Rieger, von Thomas Fürst als ein angeblich neutraler Kompromisskandidat vorgeschlagen.

Nach der Auszählung gibt es Schulterklopfen im Fürst-Lager. Ein Nachwuchspolitiker im Anzug, der schon einmal eine SMS mit „Heil Hitler“ unterzeichnet haben soll, drückt den neuen CSU-Chef. Andere zwinkern dem frisch Gewählten, den bislang kaum jemand kannte, verschwörerisch zu.

Seit morgens um halb zehn hatten sich die beiden Lager gestritten, links im Saal die etablierte CSU um den etablierten Rathauschef und bayerischen Städtetagspräsidenten Schaidinger, rechts Fürst und seine Leute – darunter viele junge Delegierte mit Sakko, blauem Hemd und Weißbier auf dem Tisch. „Ich bin seit 20 Jahren Mitglied dieser Partei“, hält Fürst seinen Kritikern entgegen. „Ich habe mir für diese Partei den Arsch aufgerissen.“ Er habe keine höheren Ambitionen. „Aber es heißt auch: Sag niemals nie!“, fügt Fürst dann doch hinzu.

Ein vielstimmiges „Hört, hört!“ schallt schließlich dem Oberbürgermeister Schaidinger entgegen, als er in seiner Rede auf den „Umgang mit einem rechtslastigen Milieu“ zu sprechen kommt. „Ja, darüber muss geredet werden“, bekräftigt er – und hat am Ende eben doch keinen Erfolg. Das Schaidinger-Lager zieht die entsprechenden Konsequenzen: „Ich stehe einem Vorstandsmitglied Fürst nicht zur Verfügung“, heißt es bei den folgenden Beisitzerwahlen immer wieder aus der linken Saalseite, als der neu gewählte Rieger seine Personalvorschläge macht.

Die Geradlinigkeit geht einher mit Ratlosigkeit. „Es hat ein Politikverständnis eine Mehrheit, dem ich sehr skeptisch gegenüberstehe“, kommentierte Schaidinger die Vorstandsmannschaft und das Wahlverhalten. Bürgermeisterin Petra Betz sagte nach der Wahl der taz: „Falls es nicht doch noch zu einer Einigung kommt, treten wir bei der Kommunalwahl im kommenden Frühjahr wohl auf einer eigenen Liste an. Dort würde ich mich persönlich jedenfalls wohler fühlen.“ Das heißt: Im März 2008 lauten die Kampflinien in Regensburg dann nicht mehr Schwarz gegen Rot, sondern in erster Linie CSU gegen CSU.

In der Münchner CSU-Zentrale ist man sich noch nicht klar, wie man umgehen soll mit dem neuen und ungeliebten CSU-Kreisvorstand und den etablierten, aber unterlegenen CSU-Teilen rund um Schaidinger. „Wir können dazu heute noch nichts sagen“, hieß es auf Anfrage.