Extremismus: Brandenburg greift Fürstentum an

Das "Fürstentum Germania" in der Prignitz steht vor der Räumung. Die Bewohner wollen vor den Internationalen Gerichtshof nach Den Haag ziehen.

Die Bewohner sollen das Schloss am Montag räumen. Bild: Konrad Litschko

Das selbsternannte "Fürstentum Germania" in der Brandenburger Prignitz steckt in der Staatskrise: An diesem Montag droht den Möchtegern-Staatsgründern die Räumung ihres Schlosses in Krampfer. Die Bewohner hatten Bauauflagen ignoriert, die erfüllt werden mussten, damit das heruntergekommene Haus bewohnt werden darf.

Das "Fürstentum Germania" ist eine Ansammlung von Aussteigern, Esoterikern und rechten Revisionisten, die eines eint: allerlei Verschwörungstheorien, denen zu Folge die Gründung der Bundesrepublik nicht rechtens gewesen sei. Mitte Februar riefen sie auf dem 4.000-Quadratmeter-Grundstück des zuvor gekauften Krampfer Schlosses ihr Fürstentum aus. Dieses soll ein Kirchenstaat auf der Basis der Reichsverfassung von 1871 sein - und eine bewusste Abspaltung von der Bundesrepublik.

Knapp 200 Bürger zähle man inzwischen, berichtet Fürstentums-Sprecher Jens Wilmann. 13 davon würden im Schloss des 260-Einwohner-Dorfes Krampfer im Norden Brandenburgs wohnen. Damit könnte nun Schluss sein. Man habe schon länger die Räumung angedroht bekommen, berichtet Wilmann. Um neun Uhr am Montag soll die Polizei vor der Tür stehen.

Über die Gründe der Räumung herrscht offiziell Schweigen. Aufgrund des laufenden Verfahrens könne man sich nicht äußern, äußern sich Sprecher der Verwaltung und Polizei. Die Schlossbewohner berichten allerdings von Auflagen der Bauaufsichtsbehörde, die gestellt wurden, um das Schloss überhaupt bewohnbar zu machen. Seit der "Wende" steht das verfallene Haus leer, zu DDR-Zeiten diente es als Schule.

"Die Auflagen sind reine Schikane, das Schloss ist bewohnbar", schimpft Wilmann. "Wir sind ein eigenständiger Staat, die können nicht gegen uns vorgehen." Am Freitag sei die Frist für die Auflagen abgelaufen. Sollte eine Räumung stattfinden, werte man dies als Völkerrechtsbruch und werde den Internationalen Gerichtshof in Den Haag anrufen.

Der Landesregierung sind die obskuren Fürstentümler seit langem ein Ärgernis. Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) äußerte sich am Donnerstag im Landtag besorgt über dortige extremistische Tendenzen. "Wir wissen, dass sie ein anderes System wollen", so Schönbohm. "Das ist eine Sache, die zu brodeln beginnt." Selbstverständlich sei das Fürstentum rechtlich nicht wirksam. Man werde das Projekt mit allen Mitteln des Rechtsstaates aufmerksam beobachten.

Inzwischen wurden Verbindungen von Fürstentums-Mitglieder zu sogenannten "Kommissarischen Reichsregierungen" bekannt. Die sehen das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 fortbestehen - nur sei es nicht handlungsfähig. Laut Brandenburger Verfassungsschutz agieren die "Reichsregierungen" in einem "Grenzbereich zwischen rechtsextremistischen Bestrebungen und wahnhaften Vorstellungen". Schönbohm betonte gegen das Fürstentum vorzugehen, sollten dieses etwa eigene Pässe ausgeben.

Schloss-Bewohner Wilmann sagt, man werde auf die Räumung gewaltlos reagieren. Notfalls könne man auch im Garten zelten. Das wiederum ruft Ordnungsamtleiter Detlef Brenning auf den Plan. Man werde dies nur dulden, solange die sanitäre Versorgung gewährleistet sei und "das nicht zu einem öffentlichen Zeltplatz wird".

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