Sonderausschuss Mediaspree: Investoren untergraben Bezirk

Der Sonderausschuss Mediaspree in Kreuzberg-Friedrichshain beginnt mit einem Eklat: Der Investor von Labels II erscheint nicht. Die Behala kündigt sogar ein weiteres Hochhaus am Spreeufer an

Demo gegen Mediaspree im Sommer 2008 Bild: REUTERS

Die erste Sitzung des "Sonderausschusses Spreeraum" am Mittwoch begann mit einem Eklat: Der Ausschuss wollte an diesem Abend unter anderem mit Stefan Sihler diskutieren, Geschäftsführer von Labels Berlin, das in Kürze am Osthafen das umstrittene Projekt "Labels II" bauen will. Doch Sihler sagte kurzfristig ab. Die Absage begründete er unter anderem mit der bisher fehlenden Arbeitsordnung des Ausschusses.

So stand von Anfang an die Frage im Raum: Was macht der Ausschuss, wenn die Investoren, mit denen nach Kompromissen gesucht werden soll, ihn boykottieren? "Die Absage zeigt, dass der Ausschuss als zahnloser Tiger empfunden wird", kritisierte der Bürgerdeputierte Paul-Martin Richter.

Die BVV Friedrichshain-Kreuzberg hatte den Ausschuss nach dem erfolgreichen Bürgerentscheid gegen das Großprojekt Mediaspree im Juli ins Leben gerufen, ihm gehören neben sechs BVV-Abgeordneten verschiedener Fraktionen vier Bürgerdeputierte an. Er soll mit dem Bezirksamt und den Investoren nach Möglichkeiten suchen, die Forderungen des Bürgerbegehrens - unter anderem mehr Grünflächen entlang der Spree und für Neubauten ein Abstand von 50 Metern vom Ufer - zumindest in Teilen und im Einverständnis mit den Grundstückseigentümern umzusetzen. Bereits im Vorfeld hatten Kritiker allerdings mokiert, der Ausschuss sei ein "Alibi-Gremium", da er nur Empfehlungen an die BVV aussprechen kann und keine tatsächlichen Kompetenzen besitzt.

Widerlegen konnte die erste Sitzung diesen Eindruck nicht. So beschloss der Ausschuss zwar seine Arbeitsordnung und den Arbeitsplan für die kommenden Monate: Bis Weihnachten soll demnach über alle Grundstücke einmal gesprochen werden, die von den "Mediaspree"-Planungen betroffenen sind. Die Bürgerdeputierten regten darüber hinaus an, die Sitzungen nach Möglichkeit in räumlicher Nähe zu Orten stattfinden zu lassen, die besprochen werden. So soll die nächste Sitzung Ende Oktober in der räumungsbedrohten Strandbar Bar 25 stattfinden. Doch die anschließende Diskussion über das Gebiet Osthafen blieb weithin ergebnislos. Deutlich wurde allein, wie gern sich alle Beteiligten gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben. Wie Schulz erklärte, habe das Modezentrum Labels II bereits vor zwei Wochen den Baubeginn angekündigt, eine Veränderung der Planung sei dort nicht mehr möglich.

Die verbleibenden Grundstücke am Osthafen befinden sich noch zu einem großen Teil in der Hand der landeseigenen Behala. Deren Geschäftsführer Peter Stäblein gab am Mittwoch überraschend bekannt, beim Bezirksamt einen Antrag auf ein weiteres Hochhaus direkt am Spreeufer gestellt zu haben - obwohl sowohl die BVV als auch das Bürgerbegehren weitere Hochhäuser strikt ablehnen.

Das überraschte selbst die Ausschussmitglieder: "Wir können nicht fassen, dass der Senat der Behala grünes Licht für das nächste Hochhaus in Spreenähe gegeben hat", sagte Vizevorsitzende Kapek. Damit gehe das Land aktiv gegen die Forderungen des Bürgerentscheids vor.

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