Arme Kinder unerwünscht

Betr.: „Asozialticket“, taz bremen, 23. 1.

Es ist nur konsequent, dass die BSAG von der Jugend Mondpreise verlangt, denn es ist ja auch sonst offenbar politisch gewollt, dass ein großer Teil der Bremer Jugend buchstäblich sitzen bleibt und zwar zuhause. Es gibt außer für mehrtägige Klassenfahrten keine wie auch immer gearteten Zuschüsse für zusätzliche Bildungskosten. Das betrifft insbesondere die von der Schule angeforderte Lehrmittel in den Fächern Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen. Aber auch kein einziger eintägiger Ausflug wird bezuschusst, Museumsbesuche, Theaterkarten, Stifte, Hefte, Lexika, Ordner, Zirkel, Taschenrechner sind offenbar für Kinder armer Leute nicht vorgesehen. Das Kindergeld, Unterhaltsleistungen, Zusatzverdienste (Zeitungsaustragen/ Apothekenkurier etc.) werden von der BAGiS in der Weise gegengerechnet, dass ein Jugendlicher, sofern er bei einem Elternteil lebt, diesen mit unterstützen muss. Kinder alimentieren ihre Eltern. Arme Jugendliche können sich also nach geltendem Recht noch nicht einmal durch eigenen Fleiß ihre vom Staat offenbar nicht gewollte Bildung erarbeiten.

Besucht ein Kind eine freie oder kirchliche Schule, gibt es noch nicht einmal einen Fahrkostenzuschuss vom Sozialamt über die maximal 11,20 Euro hinaus, die als Regelleistungsteilbetrag vorgesehen sind, sondern lediglich den Hinweis, dass es ihm ja jederzeit freistünde, die Schule zu wechseln und zudem die Gymnasiale Oberstufe sowieso nicht mehr im Bereich der Schulpflicht läge. Diese Auskunft deckt sich mit dem von politischer Seite geäußerten Bestreben, Kindern aus dem Prekariat künftig bis zur 10. Klasse – und ausdrücklich nicht darüber hinaus – einen einmaligen Bildungszuschuss von 100 Euro pro Jahr zu gewähren. Ein Betrag, der kaum die Hälfte der tatsächlichen Bildungsausgaben deckt. Also wozu sollen Fahrkarten gut sein, wenn doch nur überall das unsichtbare Schild hängt: Arme Kinder unerwünscht? ELISABETH LAHUSEN, BREMEN