Schweinshaxe mit Linsen

In einem Hamburger Lokal beobachten Kameras Gäste und Belegschaft – bloß Attrappen, sagt der Filialleiter, die als Schutz gegen Diebstähle dienten. Für Datenschützer ändert das wenig: Der „Überwachungsdruck“ bleibe bestehen

In der „Schweinske“-Filiale im Hamburger Uni-Viertel herrscht Betrieb. Bei Musik im Hintergrund wird getrunken und gelacht. Auf den Regalen: zahlreiche Schweinchenfiguren. Auch von den Wänden lachen den Gast gemalte Borstentiere an. Keinem der Gäste fallen wohl die beiden Kameras an der Decke und im Regal auf – unscheinbar gerichtet auf Tresen und Gäste-Sitzbereich. Sie seien nicht funktionstüchtig, sagt der Filialleiter des Franchise-Restaurants, nur eine Attrappe – für die Angestellten. Vor einem halben Jahr habe er sie anbringen lassen, um Diebstählen im Lokal ein Ende zu setzen.

Was er offenbar nicht weiß: Datenschutzrechtlich gesehen sind Attrappen ebenso unzulässig wie tatsächlich funktionierende Kameras – erst recht in reinen Freizeitbereichen wie Restaurants oder Kneipen.

Maike Kamp, Referatsleiterin am Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz in Schleswig-Holstein, kennt das Problem: „Im Datenschutzrecht“, sagt sie, „gibt es bei vielen Unternehmern Nachholbedarf.“ Und das sei jüngst noch gravierender geworden: Seit einem halben Jahr habe die Videoüberwachung im Freizeitbereich dramatisch zugenommen. Nicht informiert zu sein, bedeute dabei keine Entschuldigung: „Da sind wir nicht nachsichtig“, sagt Kamp. Von einem Gewerbetreibenden dürfe man vielmehr erwarten, dass er sich mit den für seinen Bereich relevanten Vorschriften und Gesetzen auskenne – und sei es über Kamera-Attrappen.

Diese nämlich erzeugten beim Kunden den gleichen „Überwachungsdruck“, sagt die Datenschützerin: „Das verstößt gegen das Persönlichkeitsrecht.“ Videoüberwachung unterliege dem so genannten Erforderlichkeitsprinzip, müsse also beispielsweise der Verhinderung von Sachbeschädigung oder Diebstahl dienen. Im Fall der Hamburger Restaurant-Filiale seien die angeführten Diebstähle aber auch kein guter Grund: Das Problem hätte auch durch andere Maßnahmen – wie spezielle Kassensysteme – gelöst werden können.

„Im Hinblick auf die Gäste halte ich die Überwachung für klar unzulässig.“ sagt Kamp mit Blick auf vergleichbare Fälle in Schleswig-Holstein. Doch auch die Angestellten haben einen rechtlichen Schutzraum: Eine vollständige Überwachung von Arbeitnehmern ist verboten. Die Angestellten im Schweinske jedoch fühlen sich vermutlich schon lange nicht mehr beobachtet. Die Kameras seien nur Attrappen, sagte einer der Kellner. Wenn das der Chef wüsste. YK