taz-Initiative Hochschulwatch: Privates Sponsoring aufdecken

Die neue Transparenz-Plattform von taz, fzs und Transparency will die Finanzen der Unis ausleuchten. Rund 80 Asten sind dabei.

Na, wie viel hat der Beamer denn gekostet? Bild: dapd

BERLIN taz | Seit etwa einer Woche gibt es das Portal hochschulwatch.de. Es soll für mehr Transparenz zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sorgen und wird gemeinsam von der tageszeitung, Transparency International und dem Freien Zusammenschluss der StudentInnenschaften (fzs) betrieben. Das Portal will ein Bewusstsein für problematische Verflechtungen schaffen, die auch in Form von Stiftungsprofessuren und intransparenten Kooperationsverträgen immer wieder auftauchen.

Was jetzt für zunächst ein Jahr strukturell und als feste Informationsplattform angelegt ist, hat eine lange Vorgeschichte. Und doch stellt sich Rudolf Speth, Professor für Politikwissenschaften an der Universität Kassel, die Frage: „Reicht es aus, ist das ein umfassender Überblick?“ Der zu dem Komplex Lobbying und öffentliche Interessen arbeitende Experte plädiert dafür, mehr Bereiche in die Analyse einzubeziehen.

Die Grauzonen der Hochschulfinanzierung sind auch durch die taz in den Mittelpunkt des hochschulpolitischen Interesses gerückt. 2011 deckte Martin Kaul in der taz einen fragwürdigen Kooperationsvertrag der beiden Berliner Universitäten mit der Deutschen Bank auf. Darin war vertraglich vereinbart worden, ein Institut für angewandte Finanzmathematik zu gründen.

Die Deutsche Bank behielt sich dabei vor, bei der Lehrkonzeption mitsprechen zu dürfen, gesonderte Werbeflächen an den Universitäten zu erhalten und bei Veröffentlichungen von Forschungsergebnissen Veto einlegen zu dürfen. Das wurde als eine Einflussnahme der Wirtschaft auf die Forschung empfunden – und führte zu einem Aufschrei. Um weiteren Knebelverträgen dieser Art auf die Spur zu kommen, entstand die Ansprechadresse unileaks@taz.de. Dort konnten Studierende und andere problematische Kooperationen zwischen Uni und Industrie weitergeben.

Verträge offenlegen

Wie unzureichend die gesetzlichen Rahmenbedingungen zum Schutz unabhängiger Forschung sind, zeigte zuletzt ein Urteil des Verwaltungsgerichts Köln im Dezember. Dieses wies eine Klage ab, mit der Vertragsdetails über eine Kooperation der Universität Köln mit der Bayer Pharma AG veröffentlicht werden sollten. Das nordrhein-westfälische Informationsfreiheitsgesetz entbindet Forschungseinrichtungen von der Pflicht, ihre Verträge offenzulegen.

„Insofern ist die gemeinsame Arbeit für mehr Transparenz mit einem Bündnis wie hochschulwatch.de gut“, sagt Rudolf Speth. Dennoch greife das Projekt möglicherweise nicht weit genug. „Es muss auch die Frage gestellt werden, warum Hochschulen überhaupt immer stärker von Drittmitteln abhängig sind.“ Außerdem müssten verstärkt auch außeruniversitäre öffentliche Forschungseinrichtungen in den Fokus genommen werden, etwa Verträge der Fraunhofer Gesellschaft, die durch ihre anwendungsorientierte Forschung „konstitutiv“ auf Kooperationen mit der Wirtschaft ausgerichtet sei. „Wer das nicht endlich mit einbezieht, behält einen blinden Fleck“, meint Speth.

Speth denkt, dass nur politische Reformen etwas an der generellen Abhängigkeit der Wissenschaft von Drittmitteln ändern könnten. Auch das müsse durch hochschulwatch.de thematisiert werden, da die Universitäten momentan anders nicht überlebensfähig wären. „So ist der Eindruck problematisch, Universitäten sollten lieber die Finger komplett von privaten Drittmitteln lassen“, sagt Speth. Es komme darauf an, das hochschulwatch.de auf Transparenz ausgerichtet bleibe und dass sich die taz nicht zur Skandalisierung einzelner Fälle nutzen lasse.

Die beiden Partner der taz hätten durchaus eigene Interessen. Der fzs, der rund 80 Studentenvertretungen (Asten) von insgesamt 420 Hochschulen vereint, ist unter Studierenden nicht unumstritten. In den vergangenen Jahren sind einige Asten ausgetreten, weil sie die Arbeit des fzs als zu einseitig empfanden. „Der Verband ist seit geraumer Zeit fest in der Hand des Juso-Bundesverbandes, dessen Protagonisten ihn schamlos für ihre eigene Karriereplanung missbrauchen“, argumentiert etwa David Visnadi von der Gesamthochschule in Kassel.

Die allgemeine radikale Ablehnung von privaten Drittmitteln durch den fzs sollte also nicht unbedingt Tenor der Seite hochschulwatch.de sein. Auch die Rolle von Transparency International scheint in diesem Zusammenhang interessant. Die Organisation weite ihr Themenfeld nun langsam von Korruption auf Lobbyismus aus und versuche durch Medienpartner größere Aufmerksamkeit zu erzielen, sagt Speth.

Forschung sinnvoll abbilden

Das liege im Trend für Nichtregierungsorganisationen, doch möglicherweise brauche man ein breiteres Bündnis als hochschulwatch.de, um das Problem abhängiger Forschung sinnvoll abzubilden. „Die Frage, wie Forschung gesteuert werden kann und welchen Einfluss fließende Gelder wirklich haben, sind sehr komplex und müssen auch so behandelt werden“, sagt Speth.

„Wir erhoffen uns Erkenntnisse, inwieweit Unabhängigkeit von Forschung und Lehre an unseren Hochschulen gefährdet sind und wie das systematisch erfasst werden kann“, sagt Christian Humborg, Geschäftsführer von Transparency International Deutschland. Er sieht die Möglichkeiten für eine umfassende Betrachtung durch die Logik der Schwarmintelligenz auf dem Portal gegeben: „Es gibt keinerlei Einfluss von Transparency auf die Recherche, diese erfolgen durch die einzelnen Nutzenden und Beitragenden der Website.“

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