taz-Serie Gut vorankommen: Smarter abfahren in Havanna

Die App eines Informatikstudenten soll das Chaos im öffentlichen Nahverkehr der kubanischen Hauptstadt in den Griff bekommen.

Fenster eines vollgestopfen Busses. Freundlich lächelnde Passagiere

Darf´s noch ein bisschen mehr sein? In Zukunft vielleicht mehr Luft zum Atmen dank App Foto: dpa

HAVANNA taz | Quietschend hält der alte Pontiac aus vorrevolutionärer Zeit am Bordstein der 23. Straße. An beiden Heckflossen schimmern die Rücklichter, der Motor stampft munter vor sich hin und die Beifahrertür springt auf. Ein Platz ist vorne frei, ein anderer auf der Rückbank, das passt. „Capitolio“ lautet meine Ansage. Glück gehabt, denn morgens um 8 Uhr ist es schwierig, eine Transportmöglichkeit vom letzten Zipfel des Viertels Vedado ins Zentrum Havannas zu ergattern.

Das ist die Route von Rodney Palacios, der jeden Tag mit seinem 50er- Jahre-Straßenkreuzer hier langschunkelt. Máquina werden die alten Limousinen US-amerikanischer Herkunft oft genannt, die auf festen Routen als Sammeltaxi im Einsatz sind.

Eduardo Sánchez heißt der Informatikstudent der Universität von Havanna, der alle Busrouten in einen virtuellen Stadtplan eingetragen und auch die Daten von genossenschaftlichen Taxen und Bussen sowie der Máquinas zusammengesammelt hat. Seine App „Metro“ informiert den User, wie man optimal von A nach B in Havanna kommt.

Doch Metro, „The Cuban Urban Transport App“, kann noch mehr: „Wir bieten eine Plattform, die Taxifahrer und Reisende verbindet und für optimale Preise sorgt“, erklärt Sánchez. Während die erste Anwendung auch offline funktioniert und bei Habaneros wie Touristen für den Nahverkehr-Durchblick sorgt, setzt die zweite Anwendung ein Netz voraus.

Zukunftsmusik in Havanna

Das ist in Kuba noch Zukunftsmusik, denn dort gibt es nur punktuell kostenpflichtige WiFi-Hotspots, aber das „Uber cubano“, wie die App von der in Miami erscheinenden Tageszeitung Diario Las Américas getauft wurde, hat Zukunftsperspektive.

Den Alltag in Havanna erleichtert Metro aber schon jetzt. Das Sammeltaxi von Rodney Palacios, der die 23. Straße hinunter und weiter über die Infanta in die San Lázaro bedient, ist eingezeichnet. Er fährt parallel zur Uferpromenade Malecón durch Centro Habana und reiht sich später am Parque de la Fraternidad in die Schlange der Sammeltaxis ein. Der Parque ist in der App als Drehscheibe des städtischen Nahverkehrs im Zentrum Havannas gekennzeichnet. Von hier kann man zu den Playas del Este, aber auch zum Terminal 2 des internationalen Flughafens fahren.

Die zweite Tour kostet nur 10 bis 20 Peso cubano, umgerechnet zwischen 30 bis 70 Eurocent. Ungleich weniger als die 10 bis 15 Euro, die ein Taxi dafür berechnet. Die Standorte Letzterer, die meist an großen Hotels liegen, hat Sánchez auch in seine App eingetragen. Die soll alsbald von der Tourismusagentur Infotur vertrieben werden und kursiert seit ein paar Monaten unter den Usern in Havanna. Eine kleine Revolution, denn Busfahrpläne hat Havana schon lange nicht mehr gesehen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.