taz-Serie Hamstertouren mit dem Rad (8): "Es ist ein gutes Bienenjahr"

BerlinerInnen suchen Natur - Brandenburg hat reichlich davon. Die taz fährt per Rad zu den besten Plätzen. Teil 8 (und Schluss): Die Imkerei in Garzau.

Fabian Lahres und seine Bienenstöcke Bild: Kerstin Schweizer

Auf dem Hof der Imkerei Lahres sieht es nach Arbeit aus. Rund um die Feldsteinscheune stehen dutzende Bienenkästen im hohen Gras. Drinnen riecht es nach Wachs. Es ist Hochsaison. Fabian Lahres stapelt volle Honigwaben vor seiner automatischen Schleuder, eine meterlange Maschine aus Edelstahl. Der Bioimker hat sich vor zwei Jahren in Garzau niedergelassen, einem lebendigen Dorf in der Märkischen Schweiz. Hier bewirtschaftet er über 300 Völker.

"Imkern ist schon ein bisschen Abenteuer. Es vergeht keine Saison ohne Pannen und Havarien. Man ist die ganze Zeit in der Natur, ich schlafe auch draußen bei den Bienenvölkern. Der Hauptjob ist ja, die Bienen zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu haben. Im letzten Jahr bin ich bis in den Schwarzwald gefahren. Die Prognosen für Waldhonig waren gut. Also bin ich mit 150 Völkern runter, Laster und Anhänger waren voll. Und dann gab es nur Regen. Ich habe nichts geerntet, es war alles umsonst.

Das sind die Tiefschläge. Trotzdem gehöre ich zu den risikofreudigen Imkern. Man hat eine größere Ausbeute, wenn man seine Völker bewegt. Berufsimkerei ist immer Wanderimkerei. Es gibt viele, die zur Robinienblüte hierher kommen. Aus Aachen, aus München, einer aus Bietigheim-Bissingen. Von überall her kommen die angewandert. Hier ist der beste Robinienstandort in ganz Deutschland!

Die Märkische Schweiz: Eine lohnenswerte Tagestour auf meist gut ausgebauten und beschilderten Wegen durch die hügelige Landschaft der Märkischen Schweiz. Die Strecke führt von Strausberg Nord über Klosterdorf, Garzin, Garzau, Waldsieversdorf nach Buckow. Die Niederbarnimer Eisenbahn bringt einen von Obersdorf in 50 Minuten zurück zum Bahnhof Berlin Lichtenberg. Gesamtlänge ca. 35 Kilometer. Abkürzungsmöglichkeit nach Waldsieversdorf (s.Text). Schöne Einkehrmöglichkeiten in Klosterdorf, Garzau und Buckow.

Von Strausberg nach Klosterdorf: Von der Endhaltestelle der S5, Strausberg Nord, folgen wir dem Radwegweiser nach rechts, fahren entlang dem weißen Zaun eines Gebrauchtwarenhändlers bis zum Kreisverkehr, den wir in Richtung „Flugplatz“ verlassen. Die Strecke ist ab hier mit dem Wegweiser „Zum R1 nach Garzin“ ausgeschildert. Der nächste Zielort heißt Klosterdorf. Dazu biegen wir nach dem Flugplatz zunächst links, dann gleich wieder rechts in die Straße „Provinzialsiedlung“. Zwei Kilometer später ist der Ort erreicht. Am Dorfteich liegt die Holzofenbäckerei „Drachenbrot“, die auch ein kleines Café betreibt. (geöffnet: Do-So 10-18.00 Uhr). Der Flammkuchen ist köstlich, der Betrieb wurde auch schon mal vom Feinschmecker ausgezeichnet.

Von Klosterdorf nach Garzin: Die Tour geht weiter am Dorfteich entlang. Wir verlassen Klosterdorf in Richtung Hohenstein. Nach Ortsausgang wird der Weg unbefestigt, ist aber bis auf wenige sandige Stellen gut fahrbar. In Hohenstein überqueren wir die Straße und fahren weiter bis Garzin. Wer nicht zur Imkerei möchte biegt hier links ab und folgt dem Wegweiser nach Buckow.

Die Imkerei in Garzau: Wer zum Honig will fährt rechts, durchquert Garzin und ist 5 Kilometer später in Garzau. Das Dorf ist dabei, sich heraus zu putzen und sich zu einem kleinen, regionalen Besucherzentrum zu entwickeln. Es gibt eine begehbare Feldsteinpyramide, die Teil des Schlossparks war. Kaffe und Kuchen kann man in der neu eröffneten „Pension Landhaus Garzau“, bekommen. Gegenüber hat eine Fischräucherei ihren Betrieb aufgenommen. Die Imkerei Lahres ist nicht ausgeschildert. Die Backsteinscheune, deren oberes Drittel gelb gestrichen ist, liegt etwas zurückgesetzt. Man erreicht sie, indem man kurz vor dem Schloß rechts in den Weg „Am Gutshof“ einbiegt. Am Samstag ist die Imerkei von 10.00-14.00 Uhr geöffnet. Ausführliche Führung am 11.6./9.7./13.8./10.9., Erwachsene 4 Euro, Kinder Euro. Annette Degenhart, die Lebensgefährtin von Fabian Lahres, bietet auch ein mehrstündiges Programm für Kitas oder Gruppen an. Anmeldung unter 0163-7735639.

Weiterfahrt nach Buckow: Um weiter nach Buckow zu kommen müssen wir nach Garzin zurück radeln. Nach Ortsausgang beginnt der Brandenburger Fahrradweg R1. Wir fahren unter Alleebäumen, nach dem Ortsschild „Bergschäferei“ führt der Radweg durch den Wald bis Walssieversdorf, wo wir den „Großen Däbersee“ streifen und schließlich an den Gleisen der Kleinbahn Buckow landen. Hier gibt es die Möglichkeit rechts abzubiegen und an den Bahngleisen entlang nach Müncheberg zum Bahnhof zu fahren (ca. 7 Kilometer). Wir nahmen den Weg links und erreichten nach 2 Kilometern Buckow.

Von Buckow zum Bahnhof Obersdorf: Von Buckow aus führt der Radweg R1 weiter über Münchehofe nach Obersdorf, wo man in die Niederbarnimer Eisenbahn steigen kann. 50 Minuten später ist man in Berlin Lichtenberg. Der Zug geht alle 2 Stunden, letzte Abfahrt 20.36 Uhr.

Ab und an gibt es Reibereien um die Stellplätze. Aber eigentlich ist genug für alle da. Es gibt ja insgesamt viel zu wenig Bienen. Die Zahl der Völker hat rapide abgenommen, vor allem im Osten. In der DDR wurde für Honig sehr gut bezahlt. Die Imker konnten ihre Ernte einfach an den Staat abliefern, das war ein lukratives Geschäft. Nach der Wende musste man sich selbst um die Vermarktung kümmern, das haben viele nicht hingekriegt.

Ich selbst bin bei meiner landwirtschaftlichen Ausbildung auf die Imkerei gekommen. Wir hatten einen Imker auf den Betrieb, da hat es mich ziemlich gepackt. Die Natur bietet ein riesiges Potenzial und man braucht nicht viel mehr als Holzkisten, um das zu nutzen. Verbunden mit dieser Dynamik, die so ein Bienenvolk hat, ist das einfach faszinierend. In der Imkerei hängt ja alles vom Wetter ab. Dieses Jahr kamen die Blüten extrem früh und teilweise gleichzeitig. Da wird es für mich stressig, weil der Honig im schnellen Wechsel abgeerntet werden muss. Man versucht ja, möglichst sortenreinen Honig zu produzieren.

Ich wandere zum Beispiel in die Magdeburger Börde in den Raps. Dann schleudere ich den Honig und bin pünktlich zur Robinienblüte wieder hier. Das hat dieses Jahr nicht geklappt. Der Raps stand noch in voller Blüte, da ging es schon mit der Robinie los. Das heißt, ich konnte einen Teil der Völker nicht für beide Blüten nutzen wie sonst immer. Insgesamt aber ist es ein sehr gutes Bienenjahr. Die Nektarabgabe ist abhängig von der Temperatur, von der Luftfeuchtigkeit und auch von der Bodenfeuchte. Die Robinie braucht zum Beispiel dieses heiße und schwüle Wetter, dann honigt sie wie verrückt. Und auch die Kornblume braucht es warm. Kornblumenhonig mag ich am liebsten. Das ist ein sehr aromatischer, dichter Honig. Und ich erzeuge ihn gern. Diese blauen Felder sehen toll aus. Und man muss sich richtig Mühe geben, diesen Honig zu bekommen. Kornblumen wachsen ja jedes Jahr woanders. Kurz vor der Blüte fahre ich die Gegend ab, erst da kann ich einschätzen, wie stark der Bestand ist, ob es sich für eine Ernte lohnt. Inzwischen habe ich Kontakte zu Bauern. Die kennen ihre Ecken, wo sie Kornblumen haben, genau, denn das sind die Ecken, die sie hassen. Die Bauern versuchen, die Kornblume tot zu spritzen, und die Imker freuen sich, wenn es nicht klappt. Zu so einem seltenen Honig habe ich eine ganz andere Beziehung als etwa zu Raps.

Im Moment verkauft sich aber aller Honig gut. Man merkt schon, es ist ein Trend zu heimischen Produkten da. Ich glaube, so gut war die Situation für uns Imker seit Langem nicht mehr. Aber man muss sich hundertprozentig dahinterklemmen. Vor allem im Sommer, wenn die anderen am See liegen, laufe ich den Bienen hinterher, sonst funktioniert es nicht. Das sind mindestens zwölf Stunden Arbeit am Tag, sieben Tage die Woche. Man investiert unheimlich viel Kraft in so einen Betrieb, die ganze Familie steckt stark zurück, die sozialen Kontakte leiden. Bis man dahin kommt, dass man davon leben kann, ist der Weg weit. Ich bin jetzt als Imker in meiner achten Saison, das waren harte Jahre mit vielen Rückschlägen."

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