Kommentar Leistungsschutzrecht: Kreativität statt Recht und Ordnung

Leistung muss sich wieder lohnen. Ein alter FDP-Spruch zeigt beim sogenannten Leistungsschutzrecht einen hohen Aktualitätswert.

Informationen von gestern oder geballte Erfahrung von heute? Bild: dapd

Seit die Einschläge in der Medienbranche näher kommen und der Virus des Zeitungssterbens den deutschen Markt ergreift, wächst die Panik. Und damit die Suche nach den Sündenböcken.

Für die großen Verlage ist einer davon Google. Typisch deutsch soll es Suchmaschinen und News-Aggregatoren wie Google News mit einem Gesetz verboten werden, auch künftig auf journalistische Inhalte zu verweisen, ohne dafür zu bezahlen. Der Name: Leistungsschutzrecht. Die Argumentation: Google bekommt durch diese Dienstleistung viel Traffic, die Grundlage für die Werbeeinnahmen.

Entsprechend wollen die Verlage beteiligt werden. Oder es Google eben verbieten, auf die jeweiligen Angebote zu verlinken. In dieser Nacht nun wurde der Gesetzesvorstoß in einer ersten Lesung beraten. Dass es in einem solchen Verfahren eine erste Lesung gibt, ist ganz normal. Dass diese in der Nacht stattfindet, ist bezeichnend dafür, wie wenig die Parlamentarier sich in ihren routinierten Abläufen davon beeinflussen lassen, welche Relevanz die Themen Leistung und Internet und Bezahlmodelle haben.

Aber wie gut, dass es das Netz gibt und nicht zuletzt Google schon selbst dafür gesorgt hat, dass ein solch weitreichendes Gesetz nicht einfach unbemerkt seinen Siegeszug durch die Institutionen antreten kann. In großflächigen Anzeigen hat die Internet-Großmacht in den vergangenen Tagen dafür geworben, für eine Freiheit im Netz zu kämpfen, wie Google sie meint.

An seinen Abgeordneten solle man sich wenden, um dieses böse, böse Gesetz zu verhindern. Eine teure Kampagne, die zwar einserseits belegt, über welche monetäre Potenz Google verfügt. Die aber auf der anderen Seite zeigt, dass die Menschen kapieren, dass die Welt mithin komplexer ist, als große Konzerne das gerne zeichnen. Denn so groß die mediale Beachtung dieser Kampagne war, so verschwindend gering die Beschwerdeflut bei den Abgeordneten, die sie ausgelöst hat.

Für eine kleine Zeitung wie die taz ist es bares Geld wert, von Google verlinkt zu werden. Wir haben auch kein Problem damit, wenn unsere Textanläufe, so genannte Snippets, kostenlos gepostet werden. Auch wir zitieren ja journalistische Publikationen und verweisen auf andere Angebote. Etwas anderes ist es, wenn ganze Texte kopiert werden.

Aber dieser Tatbestand spielt in Wahrheit in der Auseinandersetzung keine Rolle. Anstatt sofort nach einem Gesetz zu rufen, das letztlich mehr Fragen stellen als beantworten würde, sollten die Verlage versuchen, mit spezifischen Angeboten zu reagieren. taz-zahl-ich, die freiwillige „Pay-WAHL“ auf unserer Website, ist ein solches Angebot. Es holt den mündigen Bürger bei der Erkenntnis ab, dass Leistung sich eben lohnen muss, damit sie auch in Zukunft erbracht werden kann.

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Ines Pohl (Jahrgang 1967) war von Juli 2009 bis Juni 2015 Chefredakteurin der taz. Bevor sie als politische Korrespondentin für die Mediengruppe Ippen in Berlin arbeitete, leitete sie das politische Ressort der Hessischen /Niedersächsischen Allgemeinen. 2004/2005 war sie als Stipendiatin der Nieman Foundation for Journalism für ein Jahr an der Harvard University. Im Dezember 2009 wurde ihr der Medienpreis „Newcomerin des Jahres“ vom Medium-Magazin verliehen. Seit 2010 ist Ines Pohl Mitglied im Kuratorium der NGO „Reporter ohne Grenzen“. Außerdem ist sie Herausgeberin der Bücher: " 50 einfache Dinge, die Sie tun können, um die Gesellschaft zu verändern" und "Schluss mit Lobbyismus! 50 einfache Fragen, auf die es nur eine Antwort gibt" (Westend-Verlag)

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